Dienstag, 13. Januar 2015

Reisebericht Krakau Teil 1



Freitag (2. Januar)

Was ist der beste Start in ein neues Jahr? Urlaub natürlich! Und welches Urlaubsziel bietet sich an? Im Winter neben Skiurlaub am ehesten ein Städtetrip. Wie trifft man da bei vielen, vielen Möglichkeiten eine Auswahl? Eine Methode ist die, das Ziel nach Flugpreisen auszusuchen. Die entsprechende Recherche ergab Krakau. Das war im Herbst 2014. Das passende Datum war ebenso schnell gefunden – es blieb ja nicht viel übrig bei zwei Leuten, die an Ferientermine von Schule bzw. Uni gebunden sind – wie die Unterkunft. Wir entschieden uns für ein Apartment für max. acht – wir waren fünf – Personen im zentral gelegenen Stadtteil Kazimierz. Also konnte es losgehen. Jedenfalls fast. Wie sich am Tag vor Abflug herausstellte, war ein Fehler bei der Angabe der Namen bei Ryanair unterlaufen. Korrekturversuche scheiterten, also musste am Freitagmorgen die Hotline (abends war sie natürlich nicht mehr besetzt gewesen) bemüht werden. Der Anruf verlief dann verblüffend schnell, unkompliziert und beseitigte das Problem tatsächlich auch. 

Richtig los ging es nachmittags in Dortmund. Lufthansa und Co. waren auf unserer Seite, sodass Leo sowohl pünktlich aus der Dominkanischen Republik kommend, in München landete, als auch der Weiterflug nach Düsseldorf halbwegs pünktlich startete. So konnte der von langer Hand vorbereitete „fliegende Gepäckwechsel“ bei Karina in Dortmund reibungslos abgewickelt werden. Inzwischen war auch der Transport aus Gescher mit Zwischenstopp in Münster, um Lena einzuladen, angekommen und wir konnten als Einstimmung auf den Urlaub im Kitchen Club essen gehen. Danach war es dann schon Zeit, zum Flughafen aufzubrechen. Nach Kaffee und Co. wurden die üblichen, zum Fliegen gehörenden Formalitäten abgewickelt. Für alle war es eine Premiere, in der Priority-Schlange zu stehen – warum wir dort gelandet waren, wusste keiner so genau. Leicht verspätet hob der Flieger nach Krakau ab. Die zwischenzeitlich angekündigten „Turbulenzen“ haben wir allerdings nicht gefunden. 

Was denn nun?

Gegen 21 Uhr landeten wir am Johannes Paul II-Airport (Karol Wojtyla hatte in Krakau gelebt, studiert und war dort Bischof, bis er in den Vatikan ging). Nach kurzer Suche hatten wir dann auch herausgefunden, dass der Bus ins Stadtzentrum am Terminal 1 abfuhr, wir aber an Nr. 2 angekommen waren. Also machten wir uns zu Fuß auf den Weg. Nicht auf den Shuttleservice gewartet zu haben, erwies sich als praktisch, denn so waren wir die ersten am Fahrkartenautomaten. Wir konnten unsere ersten Zloty ausgeben, bevor alle anderen Fahrgäste kamen. In der Straßenbahn später wurde Leo direkt vom ersten Polen angegraben. Dessen Avancen waren jedoch in keiner Weise erfolgreich, er hätte sich aber auch keine ungünstigere Wahl treffen können, als Leo nach 35 Stunden Wachsein. Zu guter Letzt verliefen wir uns auf dem Weg zur Wohnung noch ein klein wenig, bemerkten unseren Irrtum jedoch schnell und kamen so wohlbehalten an. Das Apartment war top, die Zimmerverteilung erwartungsgemäß unproblematisch – ein Pärchen- und ein Weiberzimmer ;) 

Der erste Erkundungsgang konnte gestartet werden, allerdings ohne Leo, die erst einmal Schlaf nachholen musste. Trotz der schon recht fortgeschrittenen Stunde zogen wir gegen 23.30 Uhr los. Zunächst ging es zurück zur Haltestelle Hala Targowa, wo wir zuvor angekommen waren. Dort stießen wir schon auf den ersten Wurststand oder vielmehr das erste Krakauer verkaufende „Wurstauto“. Durch die nächtlichen Straßen liefen wir in Richtung Altstadt und dort zum Markt- oder Hauptplatz Rynek Główny, der mit seiner Größe von 200x200 Metern der größte mittelalterliche Platz Europas ist. Auf dem Hinweg hatten wir glücklicherweise nach einem Fehlversuch einen Bankautomaten gefunden und uns mit Zloty eingedeckt, sodass Jan und Karina eine Krakauer und Caro und Lena Bratkartoffeln erstehen konnten. Mit gefüllten Mägen ging es dann zurück zum Apartment und ab ins Bett. Um ca. 2 Uhr hieß es: Döppen zu!

Samstag (3. Januar)

Der erste Morgen begann mit der Aufgabe, Frühstück zu organisieren. Jan und Karina zogen gegen 9 Uhr bei schönstem, aber kaltem (2°C) Wetter los, um dann festzustellen, dass der abends entdeckte Supermarkt geschlossen war. Warum das so war, blieb ein Rätsel, wir waren zumindest nicht die einzigen, die die Türen unerwartet verschlossen vorfanden. Zum Glück gab es noch einen Minimarkt sowie einen Bäcker ein paar Meter weiter. Das Frühstück war gerettet! An dieser Stelle sei übrigens das polnische Brot positiv hervorgehoben. Der Deutsche ist diesbezüglich bekanntermaßen schwer zufriedenzustellen, aber das polnische Brot kommt dem deutschen schon ziemlich nahe. Daumen hoch! Nachdem alle satt waren und der Kaffee- bzw. Kakaodurst gestillt war, folgten wir den schon von Nachts zuvor bekannten Wegen zum Rynek Główny. Tagsüber sah der Weihnachtsbaum dort auch nicht mehr ganz so kitschig aus. Ein Gang durch die in der Mitte des Platzes gelegenen Tuchhallen folgte die Besichtigung der Marienkirche. Jeden Tag um 11.50 Uhr wird der berühmte Altar aufgeklappt. Leo und Karina war dieses Ereignis die 5 veranschlagten Zloty wert. Der Rest verzichtete und informierte sich in der Zeit schon einmal in puncto der angepeilten Fahrt nach Auschwitz. Der Hochaltar der Marienkirche wurde von Veit Stoß 1477-1489 gefertigt. Die Technik, Holz goldfarben so zu bemalen, dass es wie Metall erscheint, war für die Zeit innovativ und stilbildend. Die Krakauer betonen, dass Veit Stoß trotz tschechischem Vater und deutscher Mutter selbstredend Pole war, aber das sei ihnen gegönnt. Der Altar gehörte zur Kriegsbeute der Nazis und wurde 1945 in einem Bunker in Nürnberg gefunden – in einem so katastrophalen Zustand, dass die Renovierung vier Jahre dauerte. 1950 wurde der Altar auf kommunistischen Beschluss im Wawel ausgestellt und kam erst 1957 zurück an seinen angestammten Platz.


Die Tuchhallen


Arkaden vor der Tuchhalle


Mariakirche

Altar von Veit Stoß


Nach der Wiedervereinigung mit den anderen, genehmigten wir uns einen Glühwein bzw. Tee mit Sliwowitz. Dieses Abenteuer (süß!) wurde als Erfahrung verbucht, allerdings als eine, die nicht zwangsläufig wiederholt werden muss. Nachdem die Tuchhallen abgehakt waren, mussten wir leider das Projekt, den Rathausturm zu besteigen, ad acta legen, da dieser zwischen November und März nicht geöffnet ist. Somit blieb uns der Blick von oben auf die Stadt weitgehend verwehrt. Stattdessen liefen wir einmal rund um den 200x200m großen Rynek Główny. Eine besondere Attraktion in der Krakauer Altstadt sind übrigens auch die zumindest traditionell anmutenden Kutschen, mit denen man von zwei Pferden gezogen durch die Stadt fahren kann. Der Rynek Główny stellte diesbezüglich so etwas wie den „Kutschenbahnhof“ dar.  Laut diversen Websites handelt es sich bei den Kutschen um Fiaker, sie sind also wohl tatsächlich ein kulturelles Relikt und nicht nur ob der Dekoration ausgewählt. Wir haben uns aber aufs Ansehen beschränkt.


Wir folgten dem Königsweg in südlicher Richtung, d.h. wir gingen auf den Wawel zu, eine Burganlage, die sowohl das Königsschloss als auch eine Kathedrale beherbergt. Kirchen kann man übrigens noch und nöcher besichtigen. Auf dem Weg zum Schloss nahmen wir noch zwei weitere mit, Kościół Św. Apostołów Piotra i Pawła und Kościół Św. Andrzeja. Auf der anderen Straßenseite hatte sich der Ritter der Kokosnuss positioniert, zumindest hieß der bei uns so. In Wahrheit wollte der wohl eher Krak darstellen, der im 7. Jahrhundert auf dem Wawel gelebt haben soll und die Bevölkerung Krakaus, vor allem die jungen Frauen natürlich, von einem feuerspeienden, Frauen und Tiere raubenden Drachen befreit haben. Die Höhle desselben ist im Winter leider auch nicht zugänglich. Schließlich erreichten wir das Schloss. In den etwas luftigeren Höhen pfiff der Wind doch ordentlich, sodass wir den Blick über Stadt und vor allem die Weichsel nur kurz genossen. Dann zog es uns wieder ins Wärmere. Wir sahen uns die „Dame im Hermelin“ von Leonardo da Vinci an. Schließlich liefen wir wieder in Richtung Rynek Główny. Dort kehrten wir, mittlerweile war schon 15 Uhr durch, im Café Wentzl ein und genossen dort Kaffee, flüssigen Schokopudding – allerdings unter dem Titel Kakao verkauft – sowie leckeren Kuchen. 

Apostel Petrus und Paulus-Kirche

Andreaskirche


Wawel

Und der Ritter, wie auch immer er jetzt heißt

Danach war’s irgendwie schon dunkel (ca. eine halbe Stunde eher als zu Hause), aber wir zogen natürlich trotzdem weiter. Es ging nun in nördliche Richtung, wobei wir aber nicht dem Königsweg folgten, sondern dieses Mal aber einen anderen Weg nahmen, der uns an den Gebäuden der Universität vorbeiführte, so unter anderem am Collegium Maius, von dem wir allerdings nur den Innenhof und die Decke der Bibliothek sehen konnten, da die Öffnungszeiten allem Anschein nach mit dem Einbruch der Dunkelheit zusammenhängen. Wir liefen an den die Altstadt umgebenden „Planty“ vorbei, bogen wieder in die Altstadt ab, überquerten den Plac Szczepański (wo sich das Morskie Oko befindet, von dem später noch die Rede sein wird) und kamen dann schließlich zur Florianska (Florianstor), einem alten Stadttor. Davor steht eine Barbakane, ein gotischer Verteidigungsturm, laut Wikipedia der größte Europas. Wir machten noch einen kleinen Spaziergang, drehten eine Runde durch die Florianskirche und machten uns dann auf den Rückweg zur Wohnung.
Ein kleiner Einkauf, insbesondere im Hinblick auf das Lunchpaket für den nächsten Tag, stand noch an. In einem der förmlich allgegenwärtigen 24 Stunden geöffneten Alkoholläden deckten wir uns mit polnischem Bier ein, das wir als Aperitif zu uns nahmen. 

Collegium Maius

Die Glitzerbombe und ich

Stadtmauer

Der Verteidigungsturm

Später brachen wir dann auf, um im jüdischen Viertel Kazimierz (leider schafften wir weder einen Besuch dort bei Tageslicht noch den Besuch einer der mindestens sieben Synagogen) zu Abend zu essen. Dies taten wir im „Trezo“, wo wir direkt neben der Livemusik platziert wurden. Die Speisekarte war ein Mix zwischen Polnisch und Mediterran, war lecker (von Pierogi bis Kohlrouladen war alles zu haben). Dazu gab es polnisches Bier, Okocim vom Fass. Nach der Raubtierfütterung zogen wir weiter ins Herz von Kazimierz, auch als Ausgehviertel von Krakau bekannt. Am Plac Nowy kehrten wir im Barroque ein und bestellten Cocktails. Voll toll: Es gab Krüge zum Teilen, hatte was von Bowle-Feeling. Also gab es einen Bottich (irgendein Himbeercocktail, aber nicht zu süß) für die Mädels und sechs Gläser (okay, Shotgläser) für Jan. In der zweiten Runde wechselten wir auf einen bittereren Cocktail, natürlich wieder eine Schüssel voll, der war noch leckerer. Schließlich fielen wir gegen eins in die Betten.  


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