Freitag (2. Januar)
Was ist der beste Start in ein neues Jahr? Urlaub natürlich!
Und welches Urlaubsziel bietet sich an? Im Winter neben Skiurlaub am ehesten
ein Städtetrip. Wie trifft man da bei vielen, vielen Möglichkeiten eine
Auswahl? Eine Methode ist die, das Ziel nach Flugpreisen auszusuchen. Die
entsprechende Recherche ergab Krakau. Das war im Herbst 2014. Das passende
Datum war ebenso schnell gefunden – es blieb ja nicht viel übrig bei zwei
Leuten, die an Ferientermine von Schule bzw. Uni gebunden sind – wie die
Unterkunft. Wir entschieden uns für ein Apartment für max. acht – wir waren
fünf – Personen im zentral gelegenen Stadtteil Kazimierz. Also konnte es
losgehen. Jedenfalls fast. Wie sich am Tag vor Abflug herausstellte, war ein
Fehler bei der Angabe der Namen bei Ryanair unterlaufen. Korrekturversuche
scheiterten, also musste am Freitagmorgen die Hotline (abends war sie natürlich
nicht mehr besetzt gewesen) bemüht werden. Der Anruf verlief dann verblüffend
schnell, unkompliziert und beseitigte das Problem tatsächlich auch.
Richtig los
ging es nachmittags in Dortmund. Lufthansa und Co. waren auf unserer Seite,
sodass Leo sowohl pünktlich aus der Dominkanischen Republik kommend, in München
landete, als auch der Weiterflug nach Düsseldorf halbwegs pünktlich startete.
So konnte der von langer Hand vorbereitete „fliegende Gepäckwechsel“ bei Karina
in Dortmund reibungslos abgewickelt werden. Inzwischen war auch der Transport
aus Gescher mit Zwischenstopp in Münster, um Lena einzuladen, angekommen und
wir konnten als Einstimmung auf den Urlaub im Kitchen Club essen gehen. Danach
war es dann schon Zeit, zum Flughafen aufzubrechen. Nach Kaffee und Co. wurden
die üblichen, zum Fliegen gehörenden Formalitäten abgewickelt. Für alle war es
eine Premiere, in der Priority-Schlange zu stehen – warum wir dort gelandet
waren, wusste keiner so genau. Leicht verspätet hob der Flieger nach Krakau ab.
Die zwischenzeitlich angekündigten „Turbulenzen“ haben wir allerdings nicht
gefunden.
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Was denn nun? |
Gegen 21 Uhr landeten wir am Johannes Paul II-Airport (Karol Wojtyla
hatte in Krakau gelebt, studiert und war dort Bischof, bis er in den Vatikan
ging). Nach kurzer Suche hatten wir dann auch herausgefunden, dass der Bus ins
Stadtzentrum am Terminal 1 abfuhr, wir aber an Nr. 2 angekommen waren. Also
machten wir uns zu Fuß auf den Weg. Nicht auf den Shuttleservice gewartet zu
haben, erwies sich als praktisch, denn so waren wir die ersten am
Fahrkartenautomaten. Wir konnten unsere ersten Zloty ausgeben, bevor alle
anderen Fahrgäste kamen. In der Straßenbahn später wurde Leo direkt vom ersten
Polen angegraben. Dessen Avancen waren jedoch in keiner Weise erfolgreich, er
hätte sich aber auch keine ungünstigere Wahl treffen können, als Leo nach 35
Stunden Wachsein. Zu guter Letzt verliefen wir uns auf dem Weg zur Wohnung noch
ein klein wenig, bemerkten unseren Irrtum jedoch schnell und kamen so wohlbehalten
an. Das Apartment war top, die Zimmerverteilung erwartungsgemäß unproblematisch
– ein Pärchen- und ein Weiberzimmer ;)
Der erste Erkundungsgang konnte
gestartet werden, allerdings ohne Leo, die erst einmal Schlaf nachholen musste.
Trotz der schon recht fortgeschrittenen Stunde zogen wir gegen 23.30 Uhr los.
Zunächst ging es zurück zur Haltestelle Hala Targowa, wo wir zuvor angekommen
waren. Dort stießen wir schon auf den ersten Wurststand oder vielmehr das erste
Krakauer verkaufende „Wurstauto“. Durch die nächtlichen Straßen liefen wir in
Richtung Altstadt und dort zum Markt- oder Hauptplatz Rynek Główny, der mit seiner Größe von
200x200 Metern der größte mittelalterliche Platz Europas ist. Auf dem Hinweg
hatten wir glücklicherweise nach einem Fehlversuch einen Bankautomaten gefunden
und uns mit Zloty eingedeckt, sodass Jan und Karina eine Krakauer und Caro und
Lena Bratkartoffeln erstehen konnten. Mit gefüllten Mägen ging es dann zurück
zum Apartment und ab ins Bett. Um ca. 2 Uhr hieß es: Döppen zu!
Samstag (3. Januar)
Der erste Morgen begann mit der Aufgabe, Frühstück zu
organisieren. Jan und Karina zogen gegen 9 Uhr bei schönstem, aber kaltem (2°C)
Wetter los, um dann festzustellen, dass der abends entdeckte Supermarkt
geschlossen war. Warum das so war, blieb ein Rätsel, wir waren zumindest nicht
die einzigen, die die Türen unerwartet verschlossen vorfanden. Zum Glück gab es
noch einen Minimarkt sowie einen Bäcker ein paar Meter weiter. Das Frühstück
war gerettet! An dieser Stelle sei übrigens das polnische Brot positiv
hervorgehoben. Der Deutsche ist diesbezüglich bekanntermaßen schwer
zufriedenzustellen, aber das polnische Brot kommt dem deutschen schon ziemlich
nahe. Daumen hoch! Nachdem alle satt waren und der Kaffee- bzw. Kakaodurst
gestillt war, folgten wir den schon von Nachts zuvor bekannten Wegen zum Rynek Główny. Tagsüber sah der
Weihnachtsbaum dort auch nicht mehr ganz so kitschig aus. Ein Gang durch die in
der Mitte des Platzes gelegenen Tuchhallen folgte die Besichtigung der
Marienkirche. Jeden Tag um 11.50 Uhr wird der berühmte Altar aufgeklappt. Leo
und Karina war dieses Ereignis die 5 veranschlagten Zloty wert. Der Rest verzichtete
und informierte sich in der Zeit schon einmal in puncto der angepeilten Fahrt
nach Auschwitz. Der Hochaltar der Marienkirche wurde von Veit Stoß 1477-1489
gefertigt. Die Technik, Holz goldfarben so zu bemalen, dass es wie Metall
erscheint, war für die Zeit innovativ und stilbildend. Die Krakauer betonen,
dass Veit Stoß trotz tschechischem Vater und deutscher Mutter selbstredend Pole
war, aber das sei ihnen gegönnt. Der Altar gehörte zur Kriegsbeute der Nazis
und wurde 1945 in einem Bunker in Nürnberg gefunden – in einem so
katastrophalen Zustand, dass die Renovierung vier Jahre dauerte. 1950 wurde der
Altar auf kommunistischen Beschluss im Wawel ausgestellt und kam erst 1957
zurück an seinen angestammten Platz.
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Die Tuchhallen |
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Arkaden vor der Tuchhalle |
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Mariakirche |
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Altar von Veit Stoß |
Nach der Wiedervereinigung mit den anderen, genehmigten wir
uns einen Glühwein bzw. Tee mit Sliwowitz. Dieses Abenteuer (süß!) wurde als
Erfahrung verbucht, allerdings als eine, die nicht zwangsläufig wiederholt
werden muss. Nachdem die Tuchhallen abgehakt waren, mussten wir leider das
Projekt, den Rathausturm zu besteigen, ad acta legen, da dieser zwischen
November und März nicht geöffnet ist. Somit blieb uns der Blick von oben auf
die Stadt weitgehend verwehrt. Stattdessen liefen wir einmal rund um den
200x200m großen Rynek Główny.
Eine besondere Attraktion in der Krakauer Altstadt sind übrigens auch die
zumindest traditionell anmutenden Kutschen, mit denen man von zwei Pferden
gezogen durch die Stadt fahren kann. Der Rynek Główny stellte diesbezüglich so etwas wie den „Kutschenbahnhof“
dar. Laut diversen Websites handelt es
sich bei den Kutschen um Fiaker, sie sind also wohl tatsächlich ein kulturelles
Relikt und nicht nur ob der Dekoration ausgewählt. Wir haben uns aber aufs
Ansehen beschränkt.
Wir folgten dem Königsweg in südlicher Richtung, d.h. wir
gingen auf den Wawel zu, eine Burganlage, die sowohl das Königsschloss als auch
eine Kathedrale beherbergt. Kirchen kann man übrigens noch und nöcher
besichtigen. Auf dem Weg zum Schloss nahmen wir noch zwei weitere mit, Kościół
Św. Apostołów Piotra i Pawła und Kościół Św. Andrzeja. Auf der anderen
Straßenseite hatte sich der Ritter der Kokosnuss positioniert, zumindest hieß
der bei uns so. In Wahrheit wollte der wohl eher Krak darstellen, der im 7.
Jahrhundert auf dem Wawel gelebt haben soll und die Bevölkerung Krakaus, vor
allem die jungen Frauen natürlich, von einem feuerspeienden, Frauen und Tiere
raubenden Drachen befreit haben. Die Höhle desselben ist im Winter leider auch
nicht zugänglich. Schließlich erreichten wir das Schloss. In den etwas
luftigeren Höhen pfiff der Wind doch ordentlich, sodass wir den Blick über
Stadt und vor allem die Weichsel nur kurz genossen. Dann zog es uns wieder ins
Wärmere. Wir sahen uns die „Dame im Hermelin“ von Leonardo da Vinci an.
Schließlich liefen wir wieder in Richtung Rynek Główny. Dort kehrten wir, mittlerweile war schon 15 Uhr durch, im
Café Wentzl ein und genossen dort Kaffee, flüssigen Schokopudding – allerdings
unter dem Titel Kakao verkauft – sowie leckeren Kuchen.
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Apostel Petrus und Paulus-Kirche |
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Andreaskirche |
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Wawel |
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Und der Ritter, wie auch immer er jetzt heißt |
Danach war’s irgendwie
schon dunkel (ca. eine halbe Stunde eher als zu Hause), aber wir zogen
natürlich trotzdem weiter. Es ging nun in nördliche Richtung, wobei wir aber
nicht dem Königsweg folgten, sondern dieses Mal aber einen anderen Weg nahmen,
der uns an den Gebäuden der Universität vorbeiführte, so unter anderem am
Collegium Maius, von dem wir allerdings nur den Innenhof und die Decke der
Bibliothek sehen konnten, da die Öffnungszeiten allem Anschein nach mit dem
Einbruch der Dunkelheit zusammenhängen. Wir liefen an den die Altstadt
umgebenden „Planty“ vorbei, bogen wieder in die Altstadt ab, überquerten den Plac
Szczepański (wo sich das Morskie Oko befindet, von dem später noch die Rede
sein wird) und kamen dann schließlich zur Florianska (Florianstor), einem alten
Stadttor. Davor steht eine Barbakane, ein gotischer Verteidigungsturm, laut
Wikipedia der größte Europas. Wir machten noch einen kleinen Spaziergang,
drehten eine Runde durch die Florianskirche und machten uns dann auf den
Rückweg zur Wohnung.
Ein kleiner Einkauf, insbesondere im Hinblick auf das
Lunchpaket für den nächsten Tag, stand noch an. In einem der förmlich
allgegenwärtigen 24 Stunden geöffneten Alkoholläden deckten wir uns mit
polnischem Bier ein, das wir als Aperitif zu uns nahmen.
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Collegium Maius |
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Die Glitzerbombe und ich |
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Stadtmauer |
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Der Verteidigungsturm |
Später brachen wir
dann auf, um im jüdischen Viertel Kazimierz (leider schafften wir weder einen
Besuch dort bei Tageslicht noch den Besuch einer der mindestens sieben
Synagogen) zu Abend zu essen. Dies taten wir im „Trezo“, wo wir direkt neben
der Livemusik platziert wurden. Die Speisekarte war ein Mix zwischen Polnisch
und Mediterran, war lecker (von Pierogi bis Kohlrouladen war alles zu haben).
Dazu gab es polnisches Bier, Okocim vom Fass. Nach der Raubtierfütterung zogen
wir weiter ins Herz von Kazimierz, auch als Ausgehviertel von Krakau bekannt.
Am Plac Nowy kehrten wir im Barroque ein und bestellten Cocktails. Voll toll:
Es gab Krüge zum Teilen, hatte was von Bowle-Feeling. Also gab es einen Bottich
(irgendein Himbeercocktail, aber nicht zu süß) für die Mädels und sechs Gläser
(okay, Shotgläser) für Jan. In der zweiten Runde wechselten wir auf einen
bittereren Cocktail, natürlich wieder eine Schüssel voll, der war noch
leckerer. Schließlich fielen wir gegen eins in die Betten.
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