
Wenn der Wecker an einem Tag, an dem wir nicht arbeiten müssen,
um 5:05 Uhr klingelt, muss etwas Besonderes anstehen. Es kommt zwar des Öfteren
vor, dass ich ohne Wecker früh bis sehr früh wach bin, aber das war dieses Mal
nicht der Fall. Ich hatte mir diesen Mittwoch schon vor einigen Wochen frei
genommen, bei Daniel hieß es bibbern und hoffen bis Dienstag. Dann kam aber
auch aus Höchst Grünes Licht und wir konnten Prämienpunkte in Freifahrten
umtauschen. In meinem Fall ging das (Prämienpunkt-)Produkt von zwei Jahren
Fernbeziehung quasi dabei drauf. Nach dem Aufwachen direkt erst einmal geschaut,
was die Schienenlage sagte: Signalstörung in Frankfurt Hauptwache – super, das
braucht man direkt nach dem Aufwachen. Also die Hufe geschwungen, rein in die Klamotten,
die abends geschmierten Brote in de Rucksack gepackt, den Kaffee Kaffee sein
lassen und ab durch die Mitte. 21 Minuten nach dem Weckerklingeln waren wir in
der S-Bahn – eine früher als geplant, aber bei Signalstörungen geht man lieber
auf Nummer Sicher. Dafür konnten wir es dann am Hauptbahnhof ruhiger angehen lassen:
Kaffee holen und Daniel hatte auch noch Zeit, einen Lottoschein auszufüllen. Um
6:14 Uhr rollte dann pünktlich unser ICE los. Auf in den Osten. Die Zugfahrt
war unspektakulär. Wir machten in Ruhe unsere Tipps. In Leipzig stiegen wir um,
ab Dresden Hbf waren es dann nur noch zwei S-Bahnstationen. Dadurch, dass der
Rennverein zwei Rennen aufgrund des Starteransturms geteilt hatte, hatte man
den Start des ersten Rennens auf 11.15 Uhr statt 11.30 Uhr vorgezogen. Für uns
wurde des dadurch etwas eng, denn wir hatten schon die frühestmögliche Verbindung
gewählt. Zum Führring schafften wir es daher nicht, wir kamen ziemlich genau
nach dem Aufgalopp an. Leider verpassten wir dadurch die Zweijährigen, bekamen
aber immerhin das Rennen noch mit. In Anbetracht der frühen Startzeit das Ultimo
herausgeholt.
Mit Ormuz gewann eine von drei Stuten im Feld. Mit Blick auf
die Vorschau der Wöhler-Website hatte man im Vorfeld schon so etwas ahnen
können. Wir hatten das Thema im Zug schon gehabt, als wir über Trainer und
Jockeys für den Renntag diskutierten. Ich hatte in dem Zusammenhang festgestellt,
dass Wöhler eine gute Wahl sein könnte, weil die Vorhersage eine typische für
den Fall ist, wenn der Trainer Mumm auf ein Pferd hat, es aber nicht so richtig
herausposaunen möchte. Genauso lief Ormuz dann auch. Ganz sicher lief aber auch
der eine oder andere Kandidat, dem man im kommenden Jahr Größeres zutraut, um kurz
vor Toreschluss schnell noch mal den Ort des Geschehens gezeigt zu bekommen. Es
mag also gut sein, dass das Pferde hinterher hoppelten, die ihr Potenzial erst
2019 zeigen können.
Anschließend bekam ich erst einmal eine kurze Rennbahnführung.
Das kulinarische Angebot war ziemlich ordentlich – von Langos über Waffeln und
die obligatorische Wurst bis hin zu ungarischem Street Food, dessen Namen ich
vergessen habe, aber im Grunde waren es gemischte Minibratwürstchen unterschiedlichen
Typus mit verschiedenen Saucen in einem tütenförmigen Brötchen. Kannte ich
zumindest noch nicht. Cool fand ich zwei Bäckerwagen und restlos begeistert
waren wir von einem Weinstand. Um nicht falsch verstanden zu werden: Nicht
irgendein Stand, der irgendwelche Supermarktplörre ausschenkt, sondern der
Stand eines Weinguts, wo die eigenen Erzeugnisse ausgeschenkt werden. Damit war
für Leib und Wohl auch schon mal gesorgt. Wir waren vermutlich die einzigen
Bekloppten, die an diesem Tag (ca. 2 Grad) keinen Glühwein wollten, sondern den
gekühlten Weißwein nahmen. Zumindest waren wir zum Zeitpunkt der Bestellung tatsächlich
die ersten, viel mehr werden es in Anbetracht des Wetters wohl auch nicht
geworden sein.
Die Unterschiede im Preis von Karl Köhler Recycling (Kat. E)
waren hinsichtlich des Teddyfaktors schon recht hoch. Hinzu kam der eine oder
andere Kandidat, der einen Start für die künftige Erteilung eines Handicaps
absolvierte. Dazu zählt beispielsweise der noch etwas rundliche und ebenso
riesige Pompeii. Wie leicht es in diesem Rennen war, die Dreierwette zu
treffen, offenbarte anschließend die Quote (45:10). Aber auch der Eindruck vor
dem Rennen ließ schlicht nicht den Hauch eines Zweifels daran, dass Sieg und Plätze
unter Waikita, Irish Dickens und Alte Lady England ausgemacht würden. So kam es
dann auch.
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Einmal "Johanniter" und einmal "Schieler" vom Ökoweingut Hoflößnitz |
Den anschließenden Ausgleich IV schnappte sich die Neu-Dresdnerin
Osumi, erst vor Kurzem in den Stall von Stefan Richter eingerückt. Sie fügte
meinem aktuellen Statistikprojekt (Hypothese grob gesagt: Leistungssteigerung
nach Trainerwechsel) einen Positivtreffer hinzu, indem sie beim ersten Start für
ihren neuen Trainer siegte. Die aus München angereiste Mitfavoritin Lady
Vivian war durch Bügelverlust der Reiterin leider früh aus dem Rennen um mehr.
Dann gab es noch einmal Zweijährige, der Teilung des Rennens
sei Dank. Tja, was fällt mir zu Nubbel ein, außer, dass ich den Namen unpassend
finde? Bei „Nubbel“ erwarte ich der Phonetik nach ein niedliches Pferd – oder zumindest
irgendetwas, was im entferntesten Sinne kuschelig oder was in der Richtung ist.
Nubbel ist aber nicht süß, das fand ich enttäuschend. Nicht falsch verstehen,
er ist nicht hässlich, sondern im Grunde recht unscheinbar. Gut, das sind auch
andere Pferde, aber zumindest bei mir wird mit dem Namen eine gewisse
Erwartungshaltung geweckt. Die hielt er dann aber im Rennen, wo er sich souverän
seine Konkurrenz vom Leib hielt. Man könnte jetzt natürlich streiten, ob und wie
das zu der durch den Namen geweckten Erwartungshaltung passt (oder eben nicht),
aber ich lasse das jetzt, er kann ja schließlich auch nichts dafür. Die
Favoritin Loyalität kam sicher auf Platz zwei. Secret Potion endete in durchaus
versprechender Manier deutlich gesteigert auf Platz drei, da muss man noch
nicht alles gesehen haben.


Wir legten eine kleine Pause zur Nahrungsaufnahme ein – an dieser
Stelle ein ausgesprochenes Lob an die Eintöpfe – wir hatten Makkaronieintopf bzw.
Sächsische Linsensuppe – wirklich lecker und wärmend. Danach waren wir dann
auch wieder bereit für die Pferde. Tom Tom Chap entführte das fünfte Rennen
nach Österreich. Überhaupt sind die österreichischen Trainer in letzter Zeit sehr
erfolgreich mit ihren Ausflügen nach Deutschland, sind ja schon einige
Kilometer.
Dass dieses Rezept aber natürlich auch nicht immer funktioniert,
zeigte das 6. Rennen, ein Agl. IV über 2200 Meter, in dem sich eins der Pferde
mit der kürzesten Anreise durchsetzte und die beiden Gäste aus Österreich und Tschechien
nur die letzten Plätze belegten. Palace King schaffte auf den buchstäblich
letzten Drücker noch seinen ersten Saisonsieg.
Dann stand das letzte Listenrennen des Jahres im deutschen
Rennkalender an. In den letzten Jahren fiel ja durchaus mal ein Affe aus dem Nest,
zumindest auf den Plätzen. Nicht so 2018. Die gemeinten Pferde machten das Rennen
nahezu unter sich aus, auch wenn weder der letztjährige Derbysieger Windstoß noch
der am Toto fast mit ihm gleichauf liegende Itobo am Pfosten vorn war. Nein,
das war ein Pferd, welches vor Kurzem einen Trainerwechsel hinter sich hatte.
Seitdem wieder auf längeren Distanzen unterwegs zeigte Be My Sheriff das Vermögen,
welches er schon als Zweijähriger gezeigt hatte, dann aber vermissen ließ. Seinen
Anteil am Erfolg hatte sicher auch Lukas Delozier, der den Vierjährigen ganz an
der Außenseite einsetzte. Dieses Rezept führte heute des Öfteren zum Erfolg. Und
zu Henk Grewe kann man eigentlich nur sagen: Wenn’s läuft, läuft’s!
Wenn der Knoten einmal geplatzt ist, nach diesem Motto
schien auch Queens Street zu operieren, die immer länger wurde. Das Halali folgte
dann schon leider auf dem Fuße und die Saison fand ihr Ende. Mit Viva la Corsa
gewann zum Abschluss immerhin mal ein Pferd, das nicht (mit) vorn gegangen war,
sondern aus dem Mitteltreffen kam und ihren Angriff aus der Bahnmitte gegen das
außen gehende Pferd erfolgreich gestaltete. Was mit Theo am 25.03. begann, endete
heute mit Viva la Corsa. Hoffen wir auf einen erträglichen (= schnell vorbei
gehenden) Winter und eine spannende Saison 2019!
Wir machten uns dann, kaum dass das Horn verklungen war, auf
den Weg zur S-Bahn: Wohl dem, der 10 Stunden Zug fährt für 4,5 Stunden Rennen.
:D