Mittwoch, 11. November 2020

Reisebericht Osten 1

Sonntag, 25. Oktober

So weit, so irreführend, denn erst einmal ging es keineswegs in den Osten, sondern in Richtung Norden. Der Wecker klingelte für einen Sonntag zu unchristlicher Zeit um kurz nach sechs. Immerhin hatten wir, der Uhrumstellung sei Dank, eine Stunde mehr von der Nacht gehabt, da fiel das Aufstehen nicht ganz so schwer. Wir kochten auch mehr oder minder nur Kaffee zum Mitnehmen und machten uns um viertel vor sieben auf den Weg nach Hannover bzw. nach Langenhagen zur Neuen Bult. Der erst dritte Renntag für uns live vor Ort in diesem Jahr! Wir kamen sehr entspannt und verkehrsarm durch und trudelten gegen 10.30 Uhr auf dem Gelände ein. Insgesamt 11 Rennen gab es zu bestaunen und zu bewetten, darunter mit zwei Gruppe- und zwei Listenrennen auch ein sportlich hochwertiges Programm. Glück mit dem Wetter hatten wir auch noch. 

Turandot - Sieger im ersten Rennen

Sea Shepherd gewann das zweite Rennen für Zweijährige

Wonderful Moon nach dem Sieg im GP der Besitzervereinigung (Gr. III)

 Ab 14 Uhr war Regen angesagt, es tropfte aber eher als dass man es richtigen Regen nennen konnte. Der kam dann erst ab 16.45 Uhr nach den Rennen. Da waren wir dann schon auf dem Weg zum Hotel. Wir nächtigten im „Leonardo“ am Tiergarten. Abends gingen wir noch quasi direkt gegenüber in der „Taverne“, ein Italiener, essen. Dort gab es eine derart ansprechende Karte, dass wir beide uns gegen Pizza (das kommt bei mir in ca. einem von zwanzig Fällen beim Italiener vor) und für Lamm entschieden und das war absolut genial. Dazu gab es leckeren Syrah aus Sizilien und wir waren danach dick, satt und glücklich – und dann so müde, dass wir kaum bis 22 Uhr die Augen offen halten konnten. Entsprechend lagen wir zu der Zeit dann auch im Bett.


 

Montag, 26. Oktober

So ganz verdaut hatten wir die Zeitumstellung noch nicht, ich war schon gegen sechs Uhr wach und auch Daniel war schon vor acht am Start. Daran hatte vielleicht aber auch die Baustelle in der Nähe inkl. des LKW-Lieferverkehrs eine Mitschuld. Sei’s drum, um 9 Uhr gab’s ein sehr gutes Frühstück. Das gab es sogar als Büffet, wenn auch coronaoptimiert mit Einbahnstraße, Handschuhen und allem nötigen Pipapo. Danach checkten wir aus und drehten noch eine große Runde durch den Tiergarten, dessen Haupteingang direkt hinter dem Hotel lag. Dort waren wir eine gute Stunde im herbstlichen Wald unterwegs, genossen den Naturwald und bestaunten vor allem das Damwild. Dort war High Life, denn offensichtlich hatten wir genau die Brunft erwischt.


 

Gegen 11.30 Uhr brachen wir dann im Nieselregen auf, der schnell stärker wurde und so begleitete uns der Regen die nächsten zwei Stunden mal stärker mal schwächer. In Magdeburg verließen wir die A2 und wechselten über Bundesstraße auf die A14, zumindest bis zum derzeitigen Ende der Ausbaustrecke. Besonders beeindruckend waren da die Wildbrücken, die derzeit noch gebaut werden. Die A 14 soll eines Tages bis an die Ostsee führen, da sind noch einige Kilometer Straße und einige Wildbrücken zu bauen.

Passend zu unserem geplanten Zwischenstopp in Stendal hörte es auf zu regnen und so stand unserer kleinen Stippvisite in der Hansestadt nichts entgegen. Wir parkten Kuno und schauten uns zunächst das Uengelinger Tor, dabei handelt es sich um eins der ehemaligen Stadttore, an, bevor wir weiter Richtung Altstadt marschierten. Unverhofft kamen wir an einer Minibrauerei namens Taubentanz vorbei. Es war geöffnet und so erstanden wir in einem Bauwagen sechs Stendaler Biere und zwei Miniflaschen „Ödeldödel“ – der Aquavit musste allein schon wegen des Namens mit. 




Die Stendaler Altstadt präsentierte sich sehr gepflegt mit vielen alten Häusern, wir waren sehr begeistert und warfen u.a. noch einen Blick in den Dom, bevor wir unseren Rundgang beendeten und weiter nach Strodehne fuhren. Dort erreichten wir nach einer Fahrt durchs idyllische Havelland gegen 15.30 Uhr unsere Ferienwohnung. Wir drehten eine kleine Kennenlernrunde durch das 240 Einwohner große Dorf, liefen bis an die Havel und bekamen einen glutroten Sonnenuntergang geboten. Anschließend fuhren wir nur noch nach Rhinow zum Einkaufen und ließen den Abend mit Spaghetti Carbonara ausklingen.

Neben der Ferienwohnung

Erster Blick auf die herbstliche Havel

Kleine Frau in Kleindorf...

Dienstag, 27. Oktober

Wir starteten gemütlich in den Tag mit Kaffee, leckerem Vollkornbrot und Müsli mit Obst. Abends zuvor hatten wir bereits fleißig Prospekte mit hiesigen Sehenswürdigkeiten studiert, was ich morgens im Bett im Internet weitergeführt hatte. So brachen wir um zehn auf zum Gülper See. Wir fuhren erst nur etwa fünf Kilometer um einen Sternbeobachtungsposten auszukundschaften, bei dem ich mir nicht so sicher war, ob ich da im Dunklen mit dem Auto hinfahren wollte. Der Weg stellte sich jedoch als gut befahrbar heraus. Wir liefen eine Weile dort durch die Natur, bevor wir zum Auto zurückkehrten. Das nächste Ziel sollte das Südufer des Sees sein. Doch noch auf dem Weg zurück zur Hauptstraße mussten wir einen Stopp einlegen, denn auf einem Feld hatten sich an die 1000 Graugänse versammelt. Da mussten wir erstmal schauen und Fotos machen, bevor es weiter ging. 







 

In Prietzen hielten wir an der dortigen Bockwindmühle und wanderten etwa 2 Kilometer über den Deich am Südufer des Gülper Sees entlang. Auch dort machten zahlreiche Vögel Pause: Wir sahen vor allem Grau- und Saatgänse, aber auch Enten, Möwen usw. Unterwegs hatten wir auch Libellen und Silberreiher erspäht. 





Blick auf Prietzen

 
 

Gegen eins hatten wir fertig geschaut und fuhren dann weiter in die Kreisstadt Rathenow. Dort erkundeten wir die Altstadtinsel mit der dort gelegenen St. Marien Andreas Kirche. Einst als katholische Kirche gebaut, wurde sie um 1530 umgewidmet und war fortan evangelisch. Glücklicherweise entsorgte man den ausgedienten katholischen Altar nicht, so kann man ihn heute wieder nutzen und bewundern. Er stammt immerhin aus dem 14. Jahrhundert. Ein Küster (?) vor Ort versorgte uns mit allen möglichen Infos, auch zum Wiederaufbau der Kirche, die nach dem Weltkrieg nur sehr notdürftig geflickt wurde. Erst nach der Wende machte man sich daran, den Kirchturm wiederherzustellen. Auch heute stehen noch einige Projekte aus, die Wiederherstellung der Orgel ist nur eins von vielen. Da sieht man dann doch, dass viele Jahrzehnte des Nichtstuns im Sinne der Wiederherstellung nicht von heute auf morgen aufgeholt werden können.

Nach dem Kirchenbesuch liefen wir durch eine Parklandschaft zum Bismarckturm, einem Aussichtsturm, der leider geschlossen hatte. Aber er war auch von unten nett anzusehen. Danach genehmigten wir uns einen Cappuccino und tingelten noch ein wenig durchs Stadtzentrum. Dabei bewunderten wir am Alten Hafen die „Schleusenspucker“. Dabei handelte es sich um Tagelöhner, die am Hafen auf die Ankunft der Lastkähne warteten, um sich beim Entladen etwas Geld zu verdienen. Die Wartezeit vertrieben sie sich u.a. mit Weitspuckwettbewerben – daher der Name. Danach wurde es langsam dunkel, also machten wir uns auf den Rückweg zur Ferienwohnung. Gegen 21 Uhr machten wir uns noch einmal auf den Weg aus dem Dorf heraus. Denn das Havelland ist der erste Sternenpark Deutschlands. Heißt: Wenig Lichtverschmutzung und ein besonders dunkler Nachthimmel. Wir hatten immerhin einen sternenklaren Himmel, aber leider einen zunehmenden Mond wenige Tage vor Vollmond, sodass wir zwar einen schönen Sternenhimmel hatten, ohne Mond wäre es aber noch besser gewesen.

Laufleistung: 12 km

Der alte katholische Flügelaltar


Rathenower Kirche

Bismarckturm

Rathenower Schleusenspucker

  

Mittwoch, 28. Oktober

Frühstück gabs um neun. Etwa eine Stunde später brachen wir zu Fuß auf, erneut Richtung Gülper See, allerdings dieses Mal durch Strodehne hindurch unweit der Havel entlang zu einer weiter westlich gelegenen Stelle als am Vortag. Nach etwa drei Kilometern fanden wir den Aussichtspunkt – sogar mit Bank und Tisch ausgestattet. Wir sahen zwar nicht so viele Gänse wie am Dienstag, doch kamen immer mal wieder einige Kraniche vorbei und wir erspähten einen Silberreiher. Highlight waren dieses Mal jedoch die Greifvögel, die sich einen Baum unweit des Sees als Ansitz erkoren hatten und immer wieder große Runden über das Wasser segelten. Wir hielten es bei bestem Wetter bis fast um 12 Uhr dort aus, bevor wir uns erneut auf den Weg machten und dem Fischer des Orts einen Besuch abstatteten. Dort erstanden wir Räucherfischsalat und genehmigten uns als Mittagsmahl einen Brassenburger – viel frischer und lokaler (aus dem Gülper See) geht’s nicht. 

Ausblick von der Einfahrt



Bester Blick

Gespottet: Silberreiher


Strohdener Kunstscheune


Zeit für Brassenburger beim örtlichen Fischer

 

Frisch gestärkt liefen wir zurück zu Ferienwohnung und stiegen dort ins Auto um. Wir fuhren ins nahe gelegene Stölln und beschäftigten uns mit Fluggeschichte. Denn in Stölln befindet sich das Otto-Lilienthal-Zentrum. Denn der Flugpionier selbst hatte zwischen 1890 und 1896 zahlreiche seiner Testflüge auf dem Gollenberg in Stölln durchgeführt – darunter auch seinen letzten Flug, bei dem er aufgrund einer Böe abstürzte und tags darauf verstarb. Zuvor hatte er jedoch bereits einen Flugplatz gegründet und war dabei eine Flugschule aufzubauen – was Stölln zu der Ehre verhilft, sich als ältesten Flugplatz der Welt bezeichnen zu können. Nach dem Besuch des Zentrums fuhren wir knapp zwei Kilometer weiter zum Gollenberg, also dem Flugplatz selbst. Dort befindet sich auch eine Iljuschin IL-62, die 1989 von der Interflug ausgemustert und auf dem Gollenberg gelandet wurde. Seitdem steht sie, nach der Frau von Otto Lilienthal, Lady Agnes, benannt, dort und kann besichtigt werden. Nachdem wir das getan hatten, liefen wir noch schnell auf die Spitze des Berges, wo sowohl die Absprungstelle für die Flugversuche als auch die Absturzstelle Lilienthals markiert sind.


Otto-Lilienthal-Museum in Stölln

Stöllner Geschichte als Wandgraffiti


 


Blick vom Gollenberg

 

Dann wurde es auch schon wieder dunkel und wir fuhren über Rhinow zum Einkaufen wieder zurück nach Strodehne. Der Abend war dann mal wieder vom Umplanen der Reise geprägt – öfter mal was Neues…

Donnerstag, 29. Oktober

Ich hatte mir vorgenommen, mindestens einmal pro Woche auch im Urlaub laufen zu gehen. Die Umgebung an der Westhavel lädt sowieso dazu ein – also nichts wie los vor dem für Freitag anstehenden Ortswechsel. Nachts hatte es geregnet, aber morgens um 7 Uhr war erklomm gerade die Morgensonne den Horizont. Ich schnürte also mein Laufschuhe und lief eine gut 10 km lange Runde, natürlich zum Gülper See. Anschließend gab’s Frühstück und Tagesplanung. Das gestaltete sich dieses Mal etwas komplizierter, ich war ja Laufen gewesen und hatte noch nicht im Bett liegend vorrecherchiert. Um 10 Uhr kamen wir aber dann doch los. Wir fuhren zunächst nach Dreetz. Auf dem Weg dorthin kamen wir an einem Feld vorbei, auf dem sich Hunderte Kraniche versammelt hatten. Leider gab es keine Haltemöglichkeit und daher auch keine Fotos. In Dreetz parkten wir nahe des Arboretum. So richtig spektakulär war dieses allerdings nicht, immerhin gab es ein WC. Aber wir hatten ohnehin vor, den Dreetzer See zu umrunden. Laut Website sollte das auch funktionieren, dafür wurde es mitunter recht abenteuerlich. Oder um es anders zu formulieren: Wir waren nicht immer nur auf offiziellen Wegen unterwegs. Mitunter hatten wir keine andere Wahl als querwaldein bzw. querfeldein zu marschieren. Insgesamt brauchten wir etwa zwei Stunden für die 11,6 Kilometer. Eventuell haben wir auch einen Seeadler gesehen, es soll am Dreetzer See zumindest einen geben und verschiedene Greifvögel konnten wir auf jeden Fall beobachten. 

Der Rhinkanal

Zwar kein Seeadler, aber ein Graureiher ist auch nicht schlecht

Herbststimmung

Wieder zurück am Auto gab es eine wohlverdiente Stulle, bevor wir weiter nach Neustadt/Dosse fuhren. Mangels vernünftiger Internetverbindung in Lütgendreetz hatten wir nicht wirklich recherchieren können und die Größe des Orts stark überschätzt. Aber wer vermutet schon, dass eine Stadt mit Landgestüt nur 3000 Einwohner hat? Wir jedenfalls nicht. Das erklärte jedenfalls, warum wir weder ein „Stadtzentrum“ noch ein Café fanden. Immerhin fanden wir einen Bäckerstand, wo uns eine freundliche Dame Kuchen verkaufte, nur der Kaffee fiel aus. Gestärkt ließen wir die „Stadt“ Stadt sein und kümmerten uns lieber um die Pferde, indem wir uns die Neustädter Gestüte ansahen. Wir begannen mit dem Hauptgestüt und stellten dann nach einer Weile erst fest, dass die eine (riesige) Anlage noch längst nicht alles war, sondern anderthalb Kilometer weiter auch noch die Anlage des Landgestüts liegt. Das sahen wir uns dann natürlich auch noch an. Leider durften wir nicht in die Stallungen, aber das eine oder andere Pferd bekamen wir dennoch zu Gesicht, sei es unter dem Reiter oder auf der Weide. Daniel fand darunter auch noch einen neuen Freund – in Gestalt eines etwas übermotivierten Dunkelbraunen, der auf seinem Paddock wohl lieber mehr Gesellschaft gehabt hätte. 




Daniels neuer Kumpel

Als wir die weitläufigen Anlagen ausreichend begutachtet hatten, war 16 Uhr durch, also schon wieder kurz vor Dunkelwerden. Wir machten uns also auf dem Rückweg, um dann wenige Meter später schon wieder einen Zwischenstopp einzulegen, denn wir hatten ein Schild mit Hinweis auf einen Weinhandel entdeckt. Allerdings stellte sich dieser als Vertriebspartner eines rheinhessischen Winzer heraus, also weniger spannend für uns. Einen Glühwein nahmen wir aber trotzdem mit, als wir uns dann endgültig auf den Weg zur Ferienwohnung machten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen