Sonntag, 20. März 2016

(Früh-) Starts zum Saisonauftakt

Dieser eine traditionelle Sonntag in Krefeld ist und bleibt ein Phänomen. Dies war auch in diesem Jahr wieder festzustellen. Bei Lichte betrachtet, ist das Programm nicht wirklich berauschend, weder aus quantitativer noch aus qualitativer Sicht. Fände der gleiche Renntag im Mai statt, gäbe es vermutlich nur Gemecker und man würde sich überlegen, ob man dafür wirklich in den Zug respektive ins Auto steigen wollte. Nicht so an diesem einen Sonntag, der eigentlich mehr symbolischen Wert hat. Denn: endlich wieder Gras! Völlig egal, wer oder was läuft, ob das Wetter doch eher winterlich anmutet, hin! Dieses Phänomen war auch in diesem Jahr wieder zu beobachten, Mann und Maus, so gut wie alle kamen sie aus ihren Löchern gekrochen. Einschließlich uns, was insbesondere für mich gilt, da ich diesen Winter selbst kaum auf der Sandbahn unterwegs war. Anno 2016 dürfte es heute erst der dritte Rennbahnbesuch gewesen sein, einmal Dortmund, einmal Grosseto, nun Krefeld. Das Hallo fällt dann natürlich immer entsprechend groß aus. Leider mussten wir den Grasbahnauftakt dieses Mal ohne mein “Rennbahn-Alter-Ego” begehen, aber Marion ist hoffentlich in der kommenden Woche wieder fit. Das Wetter spielte besser mit als prophezeit, zwischendurch ließ sich sogar mal die Sonne blicken. Die Winterjacke war zwar ein notwendiges Utensil, aber da ist Besserung ja nun wirklich absehbar. :) 

Leider nicht meine Rennfarben, obwohl man es meinen könnte ;) So Soon

Eine gute Stunde vor dem ersten Start betraten wir die Bahn und mussten erst einmal einen Kaffeestand suchen, da die Gastronomie sich offensichtlich über den Jahreswechsel geändert hat. Schließlich wurden wir aber fündig und genossen in anwachsender Runde unser Heißgetränk. Neu ist auch das Geschirr- und Tassenpfandsystem mit zentraler Abgabestelle. Scheint mir eine sinnvolle Neueinführung zu sein, vor allem perspektivisch, wenn es dann noch voller wird. Obwohl auch über den Besuch beim Saisonauftakt nicht gemeckert werden kann, das war schon sehr ordentlich. Aber wir waren wohl nicht die einzigen Süchtlinge, die es von der sprichwörtlichen Ofenbank trieb.

Wie sich das für einen Renntag im Frühling (!) gehört, begann das Programm mit einem Dreijährigenrennen. Über 1400 Meter schickten sich fünf Stuten, ein Wallach und ein Hengst an, die Saison einzuläuten. Klar, dass wir uns bei den Dreijährigen auf zu den Sattelboxen machten. Dort drehte schon die in Krefeld heimische Secret ihre Runden. Was die Starter des ersten Rennens anbetrifft, war diese Stute aus dem Hofer-Quartier mein optischer Favorit. Sie präsentierte sich aufmerksam und hellwach, verkörperte überhaupt ein schickes, eher schlankes Modell. Die männliche Entsprechung dessen fand sich in Danish King, der mit Kondition von der Sandbahn antrat, auch gleich mal in die Favoritenposition am Wettmarkt gehoben wurde, die er dann jedoch an die Löwe-Stute Dynamic Lips abtreten musste. Besagte Dynamic Lips kam mit Monty Roberts-Halfter daher und stellte eher einen unscheinbaren Typ Pferd dar. Wäre sie nicht so positiv besprochen worden und die Löwe-Frühform nicht so herausragend, hätte ich ihr wohl weniger Beachtung geschenkt. Erwähnenswert ist noch die Wuchtbrumme Admiral, bei dem aber sofort klar war, dass er diesen Start noch benötigen würde und wohl auch auch ein bis zwei weitere. Der muss sich sicher erst noch formieren, bis der wirklich aussieht wie ein Rennpferd – ein Riesenbaby sozusagen. Er war dann auch angesichts der weiblichen Übermacht ziemlich aufgeregt, was sich aber legte, als er ein paar Meter mehr Luft zwischen sich und den Damen hatte.

Dynamic Lips

Secret

Das folgende Altersgewichtsrennen sah schlappe fünf Pferde am Ablauf, darunter aber mit Guignol ein Pferd mit einem GAG von 91 Kilo und einer geradezu bombastischen Besprechung in der Stallparade. Kein Wunder, dass der Hengst auf 11:10 heruntergewettet wurde. Die Optik stand diesem auch alles andere als entgegen. Der würde auch in einem Grupperennen nicht abfallen, lediglich der Hechtkopf ist nicht mein Fall, aber damit läuft er ja nicht. Vom Erscheinungsbild her konnten Königsadler – sehr abgeklärt und schon glänzend wie eine Speckschwarte – und mit Abstrichen Wind Chill mithalten. Genauso spiegelte es der Toto wieder. Die anderen schienen nur Feldfüller zu sein, wobei zumindest Ognjan am Ende noch mit Königsadler um den dritten Platz kämpfte. Guignol aber brachte seinen großen Anhang auf sicher zu kurzer Distanz nicht ins Schwitzen, sodass man gespannt sein darf, wo die Reise künftig hinführt. Vom Typ her erinnerte er mich durchaus an Ito. Schauen wir mal, was da noch so alles geht.

Guignol

Guignol im Porträt
Königsadler

Schon wieder eine klare Favoritin dabei, schon wieder schien alles auf einen Sieg für Andreas Löwe hinzudeuten, der Salve Venezia ins Rennen schickte, die noch dazu vier Kilo Erlaubnis ihres Reiters Robin Weber bekam. Für die Kategorie Form schlägt Klasse schien sich dagegen der beständige Cassilero anzubieten. Es sollte auch ein Pferd mit Sandkondition gewinnen, doch Kazzira hatte ich persönlich nicht auf dem Schirm. Sicherlich profitierte sie auch nicht unerheblich davon, dass Salve Venezia zuerst nach außen driftete und anschließend mangels Anlehnung weniger geradeaus lief als durch die Gegend schwankte. Win Coiff konnte man dabei zusehen, wie er minütlich nasser und nasser wurde. Der kam trocken zu den Sattelboxen und hatte dann, noch bevor er den Führring betrat, Schaum am Hals – und das bei ca. sieben Grad im März… Unglaublich, aber wahr, man hat es in Krefeld jetzt endlich eingeführt, dass nach dem Rennen sofort zwischen Tribüne und Absattelring abgesperrt wird. Das ist ja seit Jahren schon bisweilen gemeingefährlich. Aber das zeigt mal wieder, dass immer erst einmal die Haftpflicht des Rennvereins bemüht werden muss, bis sich das ändert. Beim dritten Rennen hatte der neue Sicherheitsdienst dann auch raus, wie es funktioniert. Wir laufen dann halt ab jetzt durch die Wetthalle, um nicht warten zu müssen ;)

Das zweite Rennen für den Derbyjahrgang führte immerhin über 1700 Meter, was dazu führte, dass sich bereits der eine oder andere Kandidat mit Derbynennung einfand. Favorisiert wurde natürlich Guizot, der im letztjährigen Winterfavoriten immerhin Dritter geworden war. Der Tertullian-Sohn gefiel als sehr nicht zu großer, kräftiger und athletischer Typ. Izzo aus dem Hofer-Stall kam da deutlich größer und schmaler daher, gefiel mir sehr, er zeigte sich aber vom Drumherum doch sehr beeindruckt. Jarahi brachte Kondition von der Sandbahn mit. Der Hengst hatte zwar nicht die allerlängsten Beine im Feld, doch bringt er viel Kaliber und vor allem einen Mordsschritt mit. Zudem war er sehr abgeklärt. Zanini fiel nicht sonderlich auf, war halt ein Brauner, an dem nichts verkehrt ist, der aber auch nicht hervorstach. Molly King gefiel mir sehr, der war fast sogar mein Liebling, auch wenn er auch noch nicht ganz austrainiert wirkte, der kann sicherlich muskulär noch etwas aufpacken. Lustig ist aber, dass alle Pferde aus dieser Linie gleich aussehen, völlig wurscht, wer der Vater ist. Ich sah die ganze Zeit Molly Le Clou vor mir.

Jarahi

Izzo

Izzo

Molly King

Das sportlich wichtigste Rennen war der anschließende Ausgleich II über 1700 Meter. Das Rennen sollte ein schönes Beispiel für die Bedeutung des Biorhythmus werden, denn mit Seewolf gewann das Pferd, welches das gleiche Rennen auch schon vor Jahresfrist für sich entscheiden konnte. Zwar legte er dieses Mal keine sechs Längen zwischen sich und den Zweitplatzierten, doch überzeugend fiel der Sieg dennoch allemal aus. Der Favorit Dreamworks dahinter mühte sich vergebens, war aber immerhin für den zweiten Platz dann ungefährdet.

Es folgte die Wettchance des Tages, man könnte es auch als das Pleiten-Pech-und-Pannen-Rennen betiteln, denn hier lief ziemlich wenig nach Plan. Ausgerechnet die alten Kämpen unter den Rennpferden benahmen sich bisweilen gründlich daneben und sorgten für fluffige gut zwanzig Minuten Verspätung. Im Führring war noch alles normal verlaufen, allerdings zeigte das Rennen mal wieder wunderschön die Unterschiede, wie weit man schon mit dem Fellwechsel ist oder auch eben nicht. Der eine oder andere dicke Pelz wurde da noch zur Schau getragen, wobei das nicht unbedingt eine Aussage über die Leistungsfähigkeit erlaubte, wie eindrucksvoll am Sieger Fladin zu sehen war. Bis es soweit war, dass Fladin als Sieger die Ziellinie überqueren konnte, sorgte erst einmal Bordino für Unterhaltung. Der Hengst war offensichtlich der Meinung, in der Startmaschine stehen zu bleiben, sei völlig inakzeptabel und marschierte einfach hindurch. Leider war er dann auch nicht zu regulieren und legte erst einmal eine halbe Runde zurück, bis Trab nicht mehr ausverkauft war. Leider war er auch beim erneuten Versuch noch der Meinung, nicht stehen zu können und entledigte sich bei der Wiederholung des Kunststücks auch noch seines Reiters. Joa, als dann Bordino wieder eingesammelt war und alles dachte, es könnte endlich losgehen, quittierte die Startmaschine ihren Dienst und schickte das Feld ohne Dutch Master auf den Weg. Dieses Mal war dann Lezar nicht zu bremsen und absolvierte eine Dreiviertelrunde. Der Rest war immerhin spätestens im ersten Bogen wieder zum Umkehren zu bewegen. So kamen wir dann bereits beim Saisonauftakt in den Genuss eines außerplanmäßigen Flaggenstarts, der sogar in Anbetracht der Umstände halbwegs manierlich ausfiel. Leider hatten wir dann so viel Verspätung angesammelt, dass wir vor dem Hindernisrennen los mussten. Aber das macht ja nichts, die Saison fängt ja zum Glück gerade erst an.

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