Dienstag, 2. August 2016

Ausflug in den Süden: Bericht meiner Riem-Premiere



Im Laufe der letzten Jahre habe ich so einige Rennbahnen in- und außerhalb Deutschlands abgeklappert, wobei der Fokus auf Deutschland lag. Nichtsdestotrotz gab und gibt es noch so ein paar weiße Flecken auf meiner persönlichen „Turf-Landkarte“ – abgesehen von Hoppegarten gehört der gesamte ostdeutsche Raum dazu –, aber seit letzten Sonntag ist es zumindest schon einmal ein weißer Fleck weniger. Seit Jahren habe ich es mir wieder und wieder vorgenommen, endlich einmal zum Gr. I-Rennen nach München zu fahren, jedes Jahr kam irgendetwas dazwischen, jetzt hat es geklappt. Samstagnachmittag haben wir (Daniel und meine Wenigkeit) uns von Frankfurt, was für mich ja schon eine Halbierung der Fahrstrecke bedeutet, aus auf den Weg und trudelten pünktlich gegen 18 Uhr in der bayrischen Landeshauptstadt ein. Nach einem kurzen Zwischenstopp im Hotel trafen wir uns abends mit Freunden und gingen im Wirtshaus „Zur Brezn“ landestypisch essen. (Für Kenner unserer kulinarischen Bewertung: „Like-würdig“). Den lauen Sommerabend, Jacke nicht erforderlich, genossen wir natürlich draußen.

Was Wettervorhersagen anbetrifft, neige ich ja bekanntlich dazu, Regenvorhersagen erst dann wirklich zu glauben, wenn sie denn eintreffen. Bei dem Sommerwetter am Abend fiel mir die Vorstellung eines verregneten Sonntags schwer, meine Garderobe war entsprechend, immerhin hatte ich als Zugeständnis einen Schirm eingepackt. Der Sonntagvormittag ist mit einem Wort schnell beschrieben: Dauerregen. Der Himmel präsentierte sich, als wollten die Wolken nie wieder aufreißen. Na toll! Gut, erst mal frühstücken, Rucksäcke am Bahnhof einschließen und dann hoffen, dass die vom Regenradar prophezeite Regenpause ab 12.30 Uhr auch wirklich eintreten würde. Sie tat es glücklicherweise, sodass ich in meiner sommerlichen kurzen Hose nicht frieren musste. Gegen 12.30 Uhr erreichten wir die Rennbahn in Riem. Ich hatte ja schon so einiges über die Bahn an sich im Allgemeinen und über den Dallmayr-Renntag im Besonderen gehört. Vielleicht lag es am Wetter oder vielleicht auch an den Schulferien, aber die Bahn war nicht restlos überfüllt. Gut besucht war sie allemal, aber dankenswerterweise konnte man sich noch ziemlich frei bewegen und musste, außer bei einigen Essensständen, auch keine Ewigkeiten in irgendwelchen Schlangen verbringen. Das kann ich ja hassen, meine Geduld wird ja schon von Schlangen vor der Wettkasse stark beansprucht.
Ansonsten gefiel es mir gut, dass sich die Menschen in Riem doch ganz gut verteilen, das Gelände ist auch recht großzügig, Engpässe waren allenfalls zwischen Führ-, Absattelring und Tribüne zeitweise zu beobachten, das hielt sich aber im Rahmen. Als Nicht-Tribünenbenutzer störte mich auch nicht, wie weit die Tribünen vom Geläuf entfernt sind. Wenn man dort sitzt, ist man schon sehr weit weg vom Geschehen, dafür ist natürlich auf dem Rasen davor Platz satt – aus meiner Perspektive sehr angenehm.

Kommen wir mal zum Renntag selbst. Die in den Vorjahren ausgetragenen Listenrennen (Dallmayr Coupe Lukull, Sieger 2015: Waldnah und Dallmayr Prodomo Trophy, Sieger 2015: Fly First) gibt es seit diesem Jahr ja leider nicht mehr, sodass das Rahmenprogramm um den Dallmayr-Preis doch etwas dürftiger ausfiel, zumindest, was die Kategorie anbetrifft. Den Auftakt mache ein mit acht Startern quantitativ ordentlich besetztes Zweijährigenrennen über „typische“ 1400 Meter. Rennerfahrung brachte nur der Ullmann-Hengst Magellan mit. Der Baron selbst war vor Ort – wie immer an der Zigarre zu erkennen. Abstammungen und Nennungen zufolge, waren ein paar hoch gehandelte Kandidaten dabei. Der angesprochene Magellan beispielsweise besitzt Nennungen sowohl für das Zukunftsrennen als auch den Winterfavoriten.  Selbiges gilt für Navarra King. Weiterführende Nennungen haben ebenso Wow und Nani. Die vier Genannten waren es auch, die die Favoritenrolle unter sich ausmachten, am Wettmarkt gaben sie sich nicht viel. Wow – kam natürlich schon gesattelt aus dem Stall – trägt seinen Namen durchaus zu Recht. Ein Dunkelbrauner, schicker Typ, wacher Blick, nicht zu groß, nicht zu klein, schon recht proportioniert, der Hingucker im Führring. Ein bisschen Gewieher und Gequietsche gab es durchaus, kein Wunder, bei sieben halbstarken Lebensdebütanten. Bernsteinkette, erst in dieser Woche wohl anlässlich des ersten Starts noch schnell auf ihren Namen getaufte Ammerländerin, wirkte von der Angelegenheit Rennzirkus noch etwas überfordert und war zeitweise mehr auf zwei denn auf vier Beinen unterwegs. John David Hillis kam beim Satteln schon ordentlich ins Schwitzen. So richtig beruhigen wollte sie sich auch später nicht, setzte ihren Reiter aber immerhin erst nach dem Rennen ab. Neben Wow gefiel mir Navarra King ausnehmend gut: eher im Rechteck stehend, insofern ein ganz anderer Typ als seine Gegner sah er, wohl aufgrund des großen Rahmens eher aus wie einer fürs nächste Jahr, war aber der abgeklärteste im ganzen Feld. Ein kleines Bäuchlein trugen Kazzun und Laurin mit sich herum, da war der Start sicherlich eher was zum Lernen. Die Gemeinten waren am Ende vorn. 

Navarra King

Navarra King

Magellan

Nani

Wow


Zum zweiten Rennen hatte es dann auch Rob Fitzpatrick auf die Bahn geschafft, dessen ersten Ritt auf Bernsteinkette Koen Clijmans hatte übernehmen müssen. Onenightinbangkok, der ihm nun anvertraute Schützling, hatte es bei zuvor 18 Starts nicht geschafft, die Ziellinie als erster zu überqueren. Mit der Ausreißtaktik versuchte es sein Reiter dieses Mal erfolgreich und schaffte den ersten von zwei Heimsiegen des Tages – wie so oft ein Hillis-Sieg zu hoher Quote. Der favorisierte Navio wurde immerhin Zweiter, wohingegen Serien Rock, dem als Zwei- und Dreijähriger schon ganz andere Hoffnungen galten, nichts zu bestellen hatte. 

Start zum 2. Rennen. Onenightinbangkok im Vordergrund


Die Dreijährigen waren anschließend an der Reihe. Gleich doppelt war die Kombination Lucky Owner-Hickst vertreten. Stalljockey Stephen Hellyn hatte sich für Tirano entschieden, der beim ersten und einzigen Start als Dritter ordentlich debütiert hatte, was ihm in diesem Feld auch gleich die Favoritenstellung einbrachte. Tirano wusste im Führring auch zu gefallen, ein schicker Typ, glänzte wie die sprichwörtliche Speckschwarte. Sein Stallgefährte Alcino gefiel mir sogar fast noch besser, ein großer, muskulöser Fuchs, der nicht minder glänzte. Einen ganz anderen Typen verkörperte dagegen der seit November nicht mehr gelaufene Burma King, der wohl zwischenzeitlich auch verletzt war, erst seit einigen Wochen wieder aktiv auf der Trainingsliste geführt wird. Burma King fällt eher in die Kategorie kompaktes Kraftpaket. Die anderen gefielen mir nicht wirklich. Auf The Dancing Fairy, die aus Frankreich zwei nette Formen mitbrachte, absolvierte Anna-Lena Buhr ihren ersten Rennritt, nahm die Bögen aber noch etwas weiter außen als ihre Kollegen. Der Sieg ging aber auch so unangefochten an Tirano, der sich in der Geraden schnell auf Nimmerwiedersehen verabschiedete vor der Dauerplatzierten Miss England und The Dancing Fairy. Burma King gab als Vierter ein eher schwerfälliges Comeback.

Das Hickst-Duo: Tirano (vorn) und Alcino

Vor dem vierten Rennen haben war ich unterwegs für einen künftig erscheinenden Rennbahncheck, sodass ich lediglich hinterher das Rennen gesehen habe, aber nicht mit Führringseindrücken dienen kann. Dass mit Princess Asta eine Canford Cliffs-Tochter gewann, fand ich persönlich ziemlich gut, ich mag den Papa. Dahinter zeigte Flame nach Trainerwechsel eine deutliche Steigerung, das ist vielleicht noch anzumerken, genauso wie Quilianos deutlich bessere Leistung als zuletzt.

Danach fing es leider wieder an zu regnen, ein Blick auf den Regenradar offenbarte jedoch, dass sich das aus Österreich kommende Regengebiet seine Richtung so verändert hatte, dass München nur noch von dessen Ausläufern getroffen werden würde. Das war dann auch so und wir kamen insgesamt mehr als glimpflich davon.
Am Führring waren wir auch dieses Mal nicht, daher überspringe ich dieses Rennen mal.

Immerhin ein Ausgleich II war dem Höhepunkt vorgeschaltet, wo wir schon auf Listenrennen verzichten mussten. Zwei Dreijährige versuchten sich gegen acht ältere Pferde. Als erstes im Führring erschien Bergwind, ein Pferd, das nur gute Leistungen kennt, überhaupt noch nie schlechter als Zweiter war. Neben Bergwind fiel mir Liebesbrief positiv auf, der ja nur sehr sporadisch läuft, aber dann auch immer vorn dabei ist. High Strung hatte ich vor zwei Wochen noch in Mannheim laufen und siegen gesehen, aber die Aufgabe heute war natürlich deutlich schwerer. Ein Phänomen für sich ist Rossetti, Münchner Urgestein und auch schon zehn. Fast hätte ich behauptet, ihn überhaupt das erste Mal live gesehen zu haben, musste dann jedoch feststellen, dass ich bei Rossettis einzigem (!) Ausflug auf eine andere Bahn, dabei war. Das war letztes Jahr im November in Frankfurt. Selbiger lief ein tolles Rennen, wie immer dem Feld hinterher, aber dann reichte es dank Endspeed zum dritten Platz, was wohl dafürspricht, dass der Boden eher an der weichen Seite von gut war. Bergwind musste sich nur dem dreijährigen Hengst Wild Horse beugen, der auf den letzten Metern förmlich angeflogen kam und noch leicht gewann. Liebesbrief hatte dieses Mal nichts zu bestellen.

Danach stand endlich das Highlight an. Dafür begaben wir uns zu den Sattelboxen. Ich hatte natürlich meine Standardviererwette abgegeben, die mit Brisanto vorn natürlich nicht gerade besonders wahrscheinlich war. Brisanto war es, der mir von allem Startern am wenigsten gefiel, der sah letztes Jahr schon mal besser aus, könnte ein paar Kilo mehr auf den Rippen vertragen – auch wenn ich ihm das spätere Laufen der Optik nach nicht zugetraut hätte. Richtig Bock hatte ich seit Wochen schon auf Royal Solitaire – im Grunde genommen seit dem offiziellen Nennungsschluss. Die sah wirklich gut aus, sehr ruhig und gelassen, fiel aber vor der geballten Hengstkonkurrenz in puncto Muskelmasse etwas ab, wie zu erwarten war. Elliptique ist als Dunkelbrauner schon irgendwo die Verkörperung des Kleinmädchentraums. Den Sieg hätte ich ihm vorher nicht zugetraut, eine Platzierung sicher, das in jedem Fall, ich hatte aber gedacht oder gehofft, dass die in diesem Jahr gezeigten Leistungen nicht ausreichen. Gut, es reichte trotzdem, schade, zumal das Rennen aus deutscher Perspektive deutlich stärker besetzt war als in den letzten Jahren. Aber kommen wir zurück zu Elliptique, dessen Speed nach einem schnellen Rennen der beste war. Letztlich war der Sieg ungefährdet, Royal Solitaire spurtete eben nur am zweitbesten. Für Elliptique wurde es zudem kurz eng, als Potemkin nach außen tendierte, er konnte jedoch immer weiter galoppieren. Wer ist noch zu erwähnen? Iquitos ist ja eher kleiner Statur, fiel aber optisch nicht großartig ab. Articus und Diplomat sahen toll aus – im Falle von Diplomat ist diese Aussage aber mit Vorsicht zu betrachten, der ist halt ein schönes Pferd, auch wenn das vielleicht eine Klasse zu hoch für ihn ist. Nymeria, Nacar und Parthenius habe ich nicht bewusst wahrgenommen. Ito ist und bleibt nicht mein Fall, auch wenn der ein auffälliger Typ ist, mir ist der zu unbeständig. 


Elliptique

Royal Solitaire

Royal Solitaire

Potemkin


Die letzten beiden Rennen haben wir auch noch mitgenommen, wir hatten durch den zeitigen Beginn noch jede Menge Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges. Leider gewannen wir keinen der Dallmayr-Präsentkörbe, das wäre bestimmt lustig geworden im Zug. Eine Anmerkung noch zum letzten Rennen, in dem es fast noch einen Zwischenfall gegeben hätte. Snowhite, Favoritin und spätere Siegerin – rückte als Letzte und mit Kapuze ein. Der Start erfolgte dann so schnell, dass ihr Reiter Roy van Eck die Kapuze gar nicht so schnell herunterbekam. Die ersten Meter legte die Stute im Blindflug zurück, dann jedoch konnte ihr Reiter sie glücklicherweise davon befreien.

Weiter geht’s am Sonntag mit Gruppe I – auf dem Düsseldorfer Grafenberg mit dem Stutenderby!

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