Mittwoch, 27. Oktober 2010

Anreise mit Hindernissen und Streifenpferde - Rennen in Nantes

Nach einem mehr als faulen Wochenende, hatte ich gestern wieder einmal Bewegungsdrang und war unternehmenlustig. Am Sonntagabend hatte ich den Dienstags-Renntag in Nantes entdeckt und die Entscheidung war schnell gefallen. Allerdings gab es nicht nur in Nantes selbst Hindernisrennen, der Weg dorthin stellte sich ebenfalls als ein solches heraus. Die Franzosen sind wirklich sehr erfinderisch, wenn es darum geht, Streikvarianten zu finden. Dabei hatte sich der Zugverkehr schon fast wieder normalisiert und da die Busse in Angers bisher immer gefahren sind, hatte ich auch nicht geahnt, dass ausgerechnet diese das Problem werden könnten. Das lag noch nicht einmal an den Busfahrern selbst, sondern an anderen Streikenden, die offenbar über Nacht das Busdepot besetzt und blockiert hatten, sodass die Busse schlicht und einfach nicht hinauskamen. Doof. Glücklicherweise habe ich das noch einigermaßen früh herausgefunden - früh genug, um einen strammen Fußmarsch zum Bahnhof hinlegen zu können, was bei sehr strammen Tempo immerhin noch 40 Minuten dauert. Jedenfalls war mir trotz der nur 5°C Außentemperatur hinterher so warm, dass ich meine Jacke aufgemacht habe ;-) 
In Nantes angekommen, hatte ich sogar noch ein bisschen Zeit fürs durch die Gegend schlendern, und so habe ich mir ein wenig die Ile de Faydeau mit ihren schmalen Gassen und alten Häusern angesehen. Das Besondere an den Häusern sind die Fassaden, die oftmals mit Masken und Fratzen aus der Mythologie geschmückt sind, sowie die teilweise aufwendig gearbeiteten und mit Blumen geschmückten Eisenbalkonen. 



Gegen Mittag habe ich mir dann einen Bus gesucht, der mich zum Hippodrome fuhr. Selbiges liegt übrigens nicht im Outback wie das Pendant in Angers, sondern hat von der Lage durchaus Ähnlichkeit mit Rennbahnen wie Köln oder auch Dortmund. Insgesamt ist das Hippodrome de Nantes schon eine Nummer größer als das angeviner, vergleichbar vielleicht mit Mülheim. Wirkte auch nicht ganz so provinziell, was aber auch an der größeren Besucherzahl gelegen haben mag. Die Bahn war zwar bei weitem nicht voll, aber doch ganz gut gefüllt. Gut, hier in Frankreich sind Ferien, daher waren auch viele Familien mit Kindern vor Ort. Die Eintrittspreise waren einmal mehr sehr besucherfreundlich (Studenten 3 Euro, Normalpreis 5 Euro). Aber was ich am allerbesten fand, war die Tatsache, dass man in die Waage hineingucken kann. Das hätte ich in Deutschland auch gerne. Die Waage befindet sich unter der Tribüne, direkt neben der Wetthalle und da die ganze Tribünenrückseite eine Glasfront hat, kann man den Herren Jockeys beim Wiegen zugucken. Und Herren ist keine Diskriminerung, in keinem der acht Rennen stieg eine Frau aus Pferd. 
Der Boden war als „bon-souple“ (gut-weich) angegeben. Ich würde mal behaupten, dass er eher weich als gut war, aber immerhin war die Angabe näher an der Realität als das „souple“ letzte Woche in Angers. Da vernebelten nämlich Staubfahnen die Sicht, wenn die Autos über die Innenbahn fuhren... 

Die Herren Eyquem und Bertras in/auf der Waage.
Das erste Rennen, ein Altergewichtsrennen, wenn ich das Programm richtig verstanden habe, bestritten ganze vier Pferde. Ich hätte definitiv wetten sollen, da ich mich in das Dupré-Pferd Anco Marzio verguckt hatte, der immerhin bei 45:10 stand, was aber wohl der Tatsache geschuldet war, dass der Hengst seit 15 Monaten kein Rennen mehr bestritten hatte. Im Gegensatz zu den anderen drei hatte Anco Marzio noch kein Teddyfell, sodass meine Wahl auf ihn und nicht auf den 13:10 Favoriten Lutece Eria fiel. Mit Fabien Lefebvre im Sattel hatte der Hengst, der immerhin schon mal 5. auf Listenebene war, absolut keine Mühe und stiefelte souverän als Erster über den Zielstrich. Etwas gewöhnungsbedürftig, fand ich, dass man in Nantes offenbar nicht über eine Glocke verfügt, um das Aufsitzen der Jockeys anzukündigen. Stattdessen musste ein Herr jedes Mal „Au cheval s'il vous plaît!“ quer durch den Führring brüllen. Dafür waren sie dann mit der Waagenklingel mehr als voreilig. Keine Ahnung, wie man Waageschluss haben will, wenn sich noch einige Jockeys auf dem Weg vom Absattelring in Richtung Waage befinden...

Ich übe noch... habe mit den Modi rumgespielt, später wirds besser. Das hier ist der Einlauf im ersten Rennen: Anco Marzio (Fabien Lefebvre) vor Lutece Eria (Alexandre Roussel) und Voxna (Thomas Huet).
Im zweiten Rennen sollte sich die Theorie vom zuerst erblickten Jockey bewahrheiten. Funktioniert also auch in Frankreich, gut zu wissen. Der Glückliche war Jean-Bernard Eyquem, der an diesem Tag eine Siegquote von 100% (Zwei Ritte – zwei Siege) hatte. Herr Eyquem hatte offenbar Langeweile, und schon vor dem ersten Rennen auf der Waage gewesen. Im zweiten Rennen der Karte, immerhin ein Listenrennen für zweijährige Pferde, ritt die Stute Private Eye für Trainer Eric Libaud. Auch hier gab es keinen Favoritensieg, die mit 19:10 gestartete Stute Etive (Al Maktoum, H. Pantall) wurde aber immerhin Zweite. Als die Pferde gerade auf die Zielgerade einbogen, gab es ein Déjà Vu-Erlebnis, als nämlich die Lautsprecher spontan mit denen in Angers sympathisierten und die Arbeit niederlegten. ;-)

Das dritte Rennen war das erste Handicap des Tages (Course F). Unserer Meinung konnte eigentlich nur die 2 Snow Spirit gewinnen. Zum einen trug er als Schweif einen Wischmopp spazieren, dann war er auf gutem Wege, apfelschimmelig zu werden und drittens trägt sein Reiter den wunderschönen Namen Wenceslas Walter. Oookay. So umwerfend sahen die meisten Pferde nicht aus, das eine oder andere Klappergestell (Manasivea), dem man am liebsten Hafer zustecken wollte, war dabei. Mein rationaler Teil entschied sich für den noch mit am besten aussehenden Plume du Peintre. Kurz entschlossen habe ich dann auch meine erste Wette in Frankreich getätigt, eine Platzwette auf besagte „Feder des Dichters“, die natürlich Vierter wurde, war ja klar.

Die erste Runde: Es führt der spätere Zweite Muhtaville (wer da wohl der Papa ist ;-)) vor Boum des Aigles(rot-schwarz), dem Sieger Rhonaldino (rot-gelb), Fee des Aigles (blau-weiß), Viamare (das, was weiß aussieht, in Wirklichkeit aber rosa-weiß ist), Male (rot-blau), Tzapane (mauve-rosa) und Snow Spirit (mauve-orange).
Danach war wieder Listenrennen angesagt. Die 12ème Etape du Défi du Galop wurde ausgetragen. Und brav wie ich bin, habe ich mich natürlich, wie aufgetragen, daran gemacht, Young Tiger am Siegen zu hindern. Und dazu gibt es ein ganz sicheres Mittel, hart erprobt zum Beispiel bei der Diana 2009 – betreffendes Pferd wetten :mrgreen: Also wurden weitere 2 Euros investiert, um Young Tiger den Garaus zu machen. Und ich sag noch: „Hm, eigentlich kann ihn keiner schlagen, wenn überhaupt Ranthambore. Wer wohl gewonnen hat? Na, schwer, oder? Ranthambore natürlich, mit dem werten Herrn Eyquem im Sattel, der somit beide Listenrennen gewinnen konnte. Young Tiger wurde selbstverständlich Zweiter. Danach habe ich die Sache mit dem Wetten lieber wieder sein gelassen. Natürlich mit dem Resultat, dass ich in fast allen folgenden Rennen den Sieger richtig vorhergesagt habe.
Übrigens gab es nach dem Grand Prix de Nantes sogar eine Siegerehrung. Wow! Blieb allerdings die einzige, warum es beim anderen Listenrennen keine gab, habe ich nicht verstanden. Aber mit Beifall haben es die Franzosen wirklich nicht. Der einzige, der klatschte, war Jockey Eyquem... der allerdings für zwei... hmpf, komisches Volk ;-)


Young Tiger mit Francois-Xavier Bertras

Ranthambore mit Jean-Bernard Eyquem

Beweisfoto Siegerehrung
5. Rennen, Course D für 3jährige: „Guck mal, das Pferd hat Streifen!“, Ich: „Wo? Ich seh keine?“ „Na, da...“. :-D Ich: „Ähhhmm, das ist geschoren.“ :mrgreen: Es waren ein paar nette Pferdchen dabei, mir gefiel Emir de Tesnieres, einer von nur 2 Hengsten im Feld. Der spätere Sieger Skates aus dem Stall von Jean-Claude Rouget hatte eine interessante Fellfarbe, ein ganz dunkles grau mit wenigen weißen Stichelhaaren. Irgenwann wird der ein Schimmel, aber so eine Färbung habe ich auch noch nie gesehen. Irgendwie hatte Skates auch seltsam kurze Beine, die wie abgeschnitten wirkten. „Naja, dann muss er ja nicht so viel koordinieren“, waren Lenas Worte dazu, die sich offenbar auch bewahrheiteten. Saronsla Belle mutierte innerhalb weniger Sekunden von der Schlaftablette zur Granate, als Jockey Jerôme Cabre auf ihren Rücken geschwungen wurde. Brachte ihr im Rennen aber auch nichts, sie kam als zweitletzte durchs Ziel.

Ein Kopfporträt von Bristo Carminoe (5.) nach dem Rennen
Im zweiten Handicap des Tages (Course D) ging es über weite 3100 Meter. Einen wirklichen Favoriten gab es nicht, mir hatte es Broncoli angetan (F. Doumen), dessen Formen allerdings nicht wirklich für ihn sprachen, was ihn aber nicht am Siegen hindern sollte. Es waren auch hier wieder einige selten hässliche Pferde dabei, allen voran Beaubahhare. Wer auch immer den Namen ausgesucht hat, dass „beau“ darin, kann nur Ironie sein. 

"Süß aber harmlos", so meine Einschätzung von Salsavana - sollte sich ausnahmsweise sogar bewahrheiten, sie wurde abgeschlagen 11. und damit letzte.
Runde 1 von 2: Die führende Maguilor Floo ist mir aus dem Bild galoppiert ;-) Dahinter Sugarplum (weiß mit brauner Kappe), Speedy Crown (blau), Beaubahhare (rosa-weiß), Sieger Broncoli (beige.grau), Pitchou du Frene (rosa-blau), Syrillus (schon wieder rosa-weiß) und Testibar.
Danach ging es wieder über die Sprünge, zunächst über die Hürden. Bevor ich überhaupt nur ein Pferd gesehen hatte, hatte ich mich schon für die 6 Counsel Honor entschieden, da stand nämlich bei Farbe „no.“ und das konnte mir ja nur gefallen :-D War dann auch so, ein wirklich schicker, lackschwarzer Wallach. Und ich bin mir ganz sicher, dass er auch gewonnen hätte, wenn nicht sein Reiter am letzten Sprung die Bügel verloren hätte. Grrr, also gewann der Favorit Actium, aber Counsel Honor hätte bestimmt gewonnen, menno ;-) Aber bis Jockey Romain Julliot sich wieder sortiert hatte – okay, er ist nicht runtergefallen, aber ich glaub, dass ging auf die Weichteile... *pfeif* 

Bei den Farben kann das arme Tier ja nicht gewinnen... Valisa (4.)
Zum Abschluss gab es dann noch eine Steeplechase, hätte nicht gedacht, dass ich mich darüber mal regelrecht freuen würde. Besonders gefielen mir Star Rochelais, Sam Toto und ein Pferd mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen Shankardelafayette. Sacro Conti hatte „immerhin Punkte im Werden“, war für mich jedoch eher Schlaftablette. Der Jockey von Melo Man schaffte es beim Aufsitzen irgendwie, ebenfalls auf einer gewissen Stelle zu landen... keine Ahnung, was die alle gemacht haben, heute – war jedenfalls nicht zu überhören ;-) Als Sieger sollte nach 3800 Metern Sam Toto vor der Außenseiterin Reine des Garennes und Space Blue durchs Ziel gehen. Danach kam dann irgendwie gar nichts mehr. Dabei waren doch vor dem Schlussbogen (von Bäumen verdeckt) doch noch alle außer Melo Man, der bereits im ersten Bogen falsch abgebogen war, im Pulk gewesen? Dann kamen drei reiterlose Pferde vorbei galoppiert, darunter die Mitfavoriten Star Rochelais und Shankardelafayette. Eigentlich wollten wir ja direkt los, aber dann mussten wir doch noch das Rennvideo gucken. Star Rochelais hatte seinen Reiter direkt eingangs zu Boden geschickt. Am letzten Hindenis stürzte dann Shankardelafayette und Allez l'Anjou fiel dann drüber, soweit ich das gesehen habe – leider wohl über den Jockey, jedenfalls nehme ich das stark an, denn als wir an der Bushaltestelle standen, fuhr dann der Krankenwagen mit Blaulicht vorbei. Allerdings waren meine Recherchen bisher nicht von Erfolg gekrönt. Ich vermute nur, dass es der gleiche Pechvogel war, der letzte Woche auch in Angers den Boden geküsst hat...

Ich maaaaag das Bild :-D Sam Toto führt vor Space Blue

Der Rest vom Feld: Star Rochelais vor Shankardelafayette, Sacro Conti und Allez l'Anjou

2 Kommentare:

  1. wirklich schön geschriebener und amüsant zu lesender reisebericht. merci beaucoup :)

    AntwortenLöschen
  2. und super bilder...hab ich vergessen zu erwähnen

    AntwortenLöschen