An der Porte Maillot angekommen, war erst einmal guter Rat teuer. Jetzt weiß ich auch, warum mir der Platz als unübersichtlich beschrieben wurde. Das ist keinesfalls übertrieben. Das Grünzeug in der Mitte, was wohl eine Art Minipark darstellen soll, macht die Orientierung und damit das Finden der Bushaltestellen nicht gerade einfacher. Selbstverständlich bin ich zunächst in die falsche Richtung gelaufen. Dabei habe ich festgestellt, dass es verdammt viele verschiedene Bushaltestellen an der Porte Maillot gibt. Irgendwann wurde mir die Sucherei zu blöd und habe gefragt. Es hilft doch ungemein, wenn man des Französischen einigermaßen mächtig... Die nette Dame hat mir den Weg (auf die andere Seite des Grünzeugs) in aller Ausführlichkeit unter Angabe der zu überquerenden Ampeln erklärt :D Mit dieser Wegbeschreibung war es dann auch überhaupt kein Problem mehr. Natürlich befand sich die Bushaltestelle direkt gegenüber des Métroeinganges. War ja klar.
Was war das erste, das ich gesehen habe, als ich an der Bushaltestelle angekommen war? Engländer! Ein kurzer Blick auf die Anwesenden reichte aus und die Nationalität war identifiziert. Da halfen auch die standesgemäßen Anzüge/Kleider nicht. Die Gesichtszüge, 100 % England :D War überhaupt eine meiner Lieblingsbeschäftigungen an diesem Wochenende: Leute finden, die keine Briten/Iren sind. War gar nicht so einfach in Longchamp. Zeitweise wähnte ich mich in Royal Ascot. Bizarr.
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Vor dem ersten Rennen: nichts los |
Der Eintritt auf die Bahn kostete (ermäßigt) am Samstag 2 Euro, wenn das nicht absolut beispielhaft ist. Es gab immerhin schlappe 4 Gruppe II Rennen und ein Gruppe I Rennen für Araber an diesem Nachmittag. Die nächste positive Überraschung war das Programm. Ich bin daran gewöhnt, mir die Programme kaufen zu müssen, wenn ich mich in Deutschland auf den Bahnen herumtreibe. Das habe ich daher auch für Longchamp vorausgesetzt. Als Resultat schaute mich die Dame am Infostand groß an und klärte mich darüber auf, dass die Programme selbstverständlich "gratuit" seien... okay, wieder was gelernt ;-) Vorsichtshalber habe ich mir auch schon eine Karte für Sonntag gekauft, man weiß ja nie, wie lang die Schlangen sind. Am Samstag hatte es zwar keine Warterei am Eingang gegeben (ich war auch recht früh), aber bei den Franzosen weiß man ja nie.
Überhaupt fand ich es am ersten Renntag nicht sonderlich voll auf der Bahn, wobei natürlich zu berücksichtigen ist, dass das Areal an sich deutlich weitläufiger ist als beispielsweise auf deutschen Bahnen (zumindest bei denen, die ich kenne). Richtig voll war es die ganze Zeit nicht. Zum Hauptrennen war es mal ganz gut gefüllt am Führring, am Sonntag dürften aber mindestens doppelt so viele Menschen da gewesen sein. Generell muss ich sagen, dass die Grupperennen sehr viel unprätentiöser abgehandelt wurden, als ich erwartet hatte. Ich hatte mit mehr Stimmung oder Feierlichkeit gerechnet. Viel würdevoller als bei den oft als Negativbeispiel angeführten deutschen Grupperennen fand ich das auch nicht. Sehr positiv aufgefallen ist mir neben den zahlreichen Videoleinwänden mit HD-Bild allerdings die musikalische Untermalung, die dem Ganzen dann doch eine gewisse Dramaturgie gab. Die mangelnde Stimmung mag vielleicht auch daraus resultieren, dass die Engländer am Samstag komplett leer ausgingen.
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Der Führring in Longchamp - die Ruhe vor dem Sturm |
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Blick von oben auf den Stallbereich |
Aber jetzt mal zu den Rennen. Was mir nicht so gefiel, ist, dass der gemeine Rennbahnbesucher die Starter erst etwa 10 Minuten vor dem Start zu Gesicht bekommt. Ungesattelt drehen die Pferde nur im Stallbereich ihre Runden, was ich doof finde. Ich hätte mir die Pferde gern länger angesehen, zumal es bei vielen Startern recht schwierig ist, sich jedes einzelne Pferd anzusehen, wenn die Tier nur 4-5 Runden drehen.
1) Verkaufsrennen für 2jährige: Mit dabei waren auch zwei deutsche Starter, Julie's Love von Manfred Hofer und die von Christian von der Recke vorbereitete Cresta Run. Erstere sollte sogar als Favoritin in die Boxen einrücken. Ich mochte Muchtar, aber der hatte auf dem Papier schon keine Chance. Ein Knaller war für mich aber auch nicht dabei, aber gut, es war ja auch "nur" ein Course E Rennen. The Nought Man gefiel mir weniger (auf dessen Kruppe hätte man Abfahrtsski fahren können). Während des Rennens stand ich hinter Herrn von der Recke und zugehörigem Pfleger. Man nahm das ganze Rennen und das Abschneiden (Cresta Run landete im Mittelfeld) eher stoisch und ohne große Gefühlsregungen. Ob Manfred Hofer mit Platz zwei zufrieden war, weiß ich nicht, der war zwar auch anwesend, ward aber nicht mehr gesehen.
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Die Siegerin Creyente auf dem Weg zum Absattelring |
2) Qatar Arabian Challenge (Araber Gr I): Fand ich semispannend und habe mich stattdessen damit beschäftigt, die Positionen am Führring zu testen ;-)
3)
Qatar Racing et Equestrian Club (Handicap B): Da es ein französischer Ausgleich war, kannte ich nicht ein Pferd, noch nicht mal dem Namen nach. Mir gefiel Balou Cat, eine kräftige pechschwarze Stute im Hengsttyp (irgendwas muss da schiefgelaufen sein :D). Hatte im Rennen aber absolut keine Chance...
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Sieger Raphaelus unter F. Prat |
4) Prix Chaudenay (Gr II): Endlich wurde es ernst, Grupperennen! Der von Olivier Peslier gerittene Goldwaki in den Wertheimer-Farben war der große Favorit (Btw, kann mir einer erklären, warum Goldwaki, Vater: Dalakhani, Mutter: Gold Round, als deutsch gezogenes Pferd geführt wird?) Die Favoriten hatten in diesem Rennen jedoch keine Schnitte. Genau wie Goldwaki konnte sich auch Brigantin nicht unter den ersten drei platzieren. Der Sieg im Steherrennen über 3000 Meter ging an den ziemlich zierlich gebauten Celtic Celeb (T. Thulliez, Trainer F. Doumen), der deutlich vor Ivory Land und Le Larron den Zielstrich überquerte. Eine kleine Überraschung, lag der letzte Sieg immerhin sechs Starts zurück.
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Celtic Celeb unter T. Thulliez |
5) Prix de Royallieu (Gr II): Tja, ich muss zugeben, ich hatte im Stutenrennen über 2500 Meter sehr stark mit der bis dato ungeschlagenen Announce gerechnet, die auch im Führring absolut klasse aussah, im Rennen aber sang- und klanglos unterging und nie von hinten wegkam. Ich hatte ansonsten noch Shamanova und die Engländerin High Heeled auf der Rechnung. Auf letztere hatten offenbar auch die anwesenden Briten ihre Hoffnungen gesetzt, zumindest der Lautstärke der Anfeuerungsrufe nach zu urteilen (die bei diesem Rennen mit Abstand am lautesten waren). Doch vergebens, nach einem guten Ritt von Gerald Mossé kam die längste Außenseiterin Maria Royal noch förmlich durch das Feld gerauscht und nagelte High Heeled auf der Linie fest. Die britische Enttäuschung war groß und Olivier Peslier hatte sich sicherlich auch nicht gerade Freunde gemacht ;-) (Übrigens, warum betiteln Engländer eigentlich sämtliche Pferde geschlechtsunabhängig mit "my son"?) Die als Dritte eingelaufene La Boum (wunderschönes Pferd) wurde wegen Behinderung disqualifiziert und auf Platz 5 gesetzt.
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Maria Royal, irgendwie sieht man ihr an, dass das Rennen anstrengend war. |
6) Prix Dollar (Gr II): Hier konnte ich nicht ganz so konzentriert alle Pferde beachten, da ich Budai und Zazou fotografieren musste. Zazou sah kräftig und kompakt aus wie immer. Aber auch Budai stand Zazou optisch nichts nach, wobei er aber eher der elegante Typ ist. Dem Rest habe ich nicht so viel Beachtung geschenkt. Ums kurz zu machen, Cirrus des Aigles war eine Klasse für sich und verwies unter dem 20 Minuten später noch immer strahlenden Franck Blondel den grandios gelaufenen Budai auf Platz zwei. Cirrus des Aigles gewann locker mit gut zwei Längen. Zwischen Platz 2 und 4 war es ganz eng, nur ein Kopf trennte die drei Pferde. Hinter Budai wurde Distant Memories Dritter und ich bin stolz, dass meine SMS schneller war als der Hickstsche Nachrichtendienst ;-)
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Budai nach dem Rennen "Na, hab ich das gut gemacht?" |
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Zazou |
Vom Sieger habe ich leider kein veröffentlichbares Foto ;-)
7) Prix Daniel Wildenstein (Gr II): Vertigineux sah super aus, ansonsten nahm die Anzahl der Japaner am Führring plötzlich zu, auch wenn deren Starter Corconte nicht gerade zu den Favoriten zählte. Ganz anders Emerald Commander und auch Lochinver, denen nicht nur Chancen eingeräumt wurden, sondern dabei auch noch blendend aussahen. Der spätere Sieger Royal Bench hingegen fiel mir nicht näher auf. Dass nicht nur die Deutschen startschwierige Pferde haben und sich damit Zeitverzug einhandeln, bewies an der Startstelle eindrucksvoll Across The Rhine, der keinen Schritt in Richung Startbox zu tun gedachte. Nachdem alles Bemühen (groß übertragen auf den Leinwänden) umsonst war und sich Pferd samt Reiter und dranhängenden Starthelfern erst fast überschlagen und dann auf den Hintern gesetzt hatte, wurde er dann auch vom Start verwiesen.
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Startboxverweigerer Across The Rhine |
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"Ätsch" - Emerald Commander |
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Bitte recht freundlich, Royal Bench hat das Prinzip offensichtlich besser verstanden... |
8) Prix Barzan (Handicap D): 20 Pferde = definitiv zu viel, ich hab noch nichtmal die beiden Deutschen wahrgenommen.
Danach bin ich auch direkt gegangen und mit der Métro nach la Défense gefahren. Okay, La Défense ist orientierungstechnisch mehr als gewöhnungsbedürftig, der Stadtplan half mal wieder gar nicht. Also bin ich wieder nach Gefühl losgegangen und habe das Hotel sogar auf Anhieb gefunden. Bin ein bisschen stolz auf mich ;-) Nachdem Einkaufen habe ich meinen inneren Schweinehund dann doch nochmal überwinden können und bin zu La Grande Arche gegangen. War eine gute Idee, vor allem, weil es schon dunkel war und die Beleuchtung richtig klasse aussah.
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La Grande Arche |
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Grandiose Aussicht von La Grande Arche bis zum Arc de Triomphe |
Vertigineux, der Provinzgalopper aus La Teste-de-Buch an französischen Atlantikküste bei Bordeaux, sieht unverwechselbar aus. Wenn man den einmal gesehen hat, vergisst man ihn nicht mehr. Auch mir gefällt er immer sehr gut.
AntwortenLöschenIn diesem Jahr läuft der dreifache Grand Prix Sieger allerdings immer noch seinem ersten Saisonerfolg hinterher. Mehrfach platziert, auch am Samstag war er immerhin Vierter, will ein voller Erfolg des "Familiengaloppers" einfach nicht gelingen. "Familiengalopper" deshalb, da er Philippe Dufreche gehört, der ihn auch selbst gezogen hat (Vertigineuxs Mutter Very Gold lief auch für ihn - ausschließlich in der Provinz - ohne je einen Sieg zu erringen, der Vater Nombre Premier ist ein Deckhengst der untersten Kategorie, er hat - mit Ausnahme von Vertigineux - noch keinen anderen Gr-Sieger mit seinen zehn (!) Jahrgängen, die bislang auf der Bahn erprobt wurden, gestellt). Trainiert wird Vertgineux von dessen Tochter Carole. Das die Familie Dufreche einmal einen solchen Galopper ihr Eigen nennen darf, hätte sie wohl selbst nicht gedacht.
P_B / O_V
Ich kann den o.a. Text nicht mehr editieren, daher kaufe ich hiermit ein "s" für das erste Wort des letzten Satzes ;-)
AntwortenLöschenP_B / O_V
Sehr schöner Bericht mit sehr ausdrucksvollen Fotos, besonders aus Longchamp. Wie sah denn Zazou vor dem Rennen aus? Im Rennen war er ja schon eingangs der Geraden geschlagen. Ich freue mich schon auf den Text vom Arc-Sonntag.
AntwortenLöschenSorry, habe ganz vergessen, dir die Frage zu Zazou zu beantworten. Zazou sah blendend aus, ein absolutes Kraftpaket wie immer. Schien, als sei er imstande Bäume auszureißen. Dass der Tank dann so früh leer war, hat mich auch sehr überrascht.
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