Samstag, 30. Oktober 2010

Bordeaux: viel Wein, viel Kultur und viele Fußmärsche

Bevor es wieder Vorwürfe, ich würde mit den Berichten schlampen, hagelt, mache ich mich daran, die letzen zwei Tage in Bordeaux zusammenzu fassen. Eins vorweg: Es war anstrengend! Aber toll!

Da ich vermutlich ohnehin die Hälfte vergessen werde, werde ich versuchen, ansatzweise chronologisch zu berichten, um es nicht noch mehr werden zu lassen. ;-) Die französische Bahn hat nach der ganzen Streikerei mal wieder ein Lob verdient. Trotz eines teilweise eng gestrickten Zeitplans sind wir sicher und relativ pünktlich nach Bordeaux und auch wieder zurück nach Angers gekommen ohne solche Späße wie Übernachtungen auf dem Bahnhof, eine Gefahr, die zumindest gestern Abend gegeben war. Auf dem Hinweg handelten wir uns zwar im TGV zwischen St. Pierre-des-Corps (ich bin mir nicht sicher, ob ich so heißen wollen würde, für uns war es hinterher nur noch der "Leichenort") und Bordeaux ein, aber da mussten wir auch keinen Anschlusszug mehr erreichen. Gegen kurz vor 14 Uhr kamen wir am Donnerstag an. Die 1,40 Euro für den Bus waren allerdings aus dem Fenster geschmissenes Geld. Da die Bordelais in der Innenstadt dem Nationalsport frönten, kam der Bus noch nicht einmal im Schritttempo vorwärts. Wir entschieden dann, am Place de la Victoire auszusteigen und zum Hotel zu laufen (hier muss ich mich mal selbst für den grandiosen Einfall loben, bereits vor Reiseantritt einen Stadtplan zu organisieren). Die Route zum Hotel war, nun ja, gewöhnungsbedürftig - weil die Umgebung schon etwas sehr angegammelt war. Hm. Später sollten wir dann aber auch die schöneren Ecken der Stadt entdecken. Andererseits muss man auch sagen, dass wir momentan auch echt verwöhnt sind. Um Angers herum ist einfach alles piccobello und sehr gepflegt, aber das kann schließlich nicht überall so sein.

Die Kathedrale, übrigens im nicht gammeligen Teil von Bordeaux, beim Gammel hab ich keine Fotos gemacht.
Nach dem Einchecken im Hotel haben wir uns in die Innenstadt aufgemacht. Erste Station waren der Palais de la Justice (interessante Architektur) und die Kathedrale. Letztere war die erste von insgesamt 5 Kirchen, die wir in den zwei Tagen besichtigten. Na, erste Ahnungen, warum es verdammt anstrengende zwei Tage waren? Im Anschluss bummelten wir weiter in Richtung Stadtkern. An jeder zweiten Ecke, und das ist keine Übertreibung, gibt es einen Weinhändler mit wunderschön fertig gemachten Schaufenstern, die den Anschein erwecken als würde die Preisskala der Weine bei circa 20 Euro pro Flasche anfangen, was aber ein Irrtum ist. Es gibt dort tatsächlich auch Weine zu studentenfreundlichen Preisen! Aber in Anbetracht der Tatsache, dass wir keine Lust hatten, die Weinflaschen den ganzen Abend herumzuschleppen, haben wir uns fürs Erste mit dem Angucken begnügt und stattdessen das Office de Tourisme unsicher gemacht. Das war aber eher eine Enttäuschung. Es gab dort noch nicht einmal interessante Prospekte - d.h. es gab sie schon, aber nur ab 8 Euro aufwärts. Dementsprechend sind wir auf eigene Faust weitergezogen (eigene Faust = ich musste die ganze "Arbeit" machen: entscheiden und den Stadtplan "bedienen" :-D)

Palais de la Justice
Grand Théâtre


Nach einer kleinen koffeinhaltigen Stärkung sind wir weitergezogen und haben Sehenswürdigkeiten wie Allées de Tourny, Esplanade des Quinconces (einer der größten unbebauten Plätze Europas), Place des Grands-Hommes (womit Montesquieu, Buffon, Rousseau, Montaigne, Diderot und Voltaire gemeint sind) und die Eglise Notre-Dame abgeklappert, bevor wir zum Fluss gelaufen sind und die berühmte "Fassade zur Garonne" bewundert haben. Danach war der "Ofen aus", zumindest bei uns, die wir um 12 Uhr Mittag gegessen hatten und wir durften uns mal wieder über die französische Unsitte ärgern, die Restaurants am Abend frühestens um 19 Uhr zu öffnen. Als Resultat dessen, haben wir eine knappe Stunde darauf verwandt, ein Restaurant auszusuchen. Die Wahl fiel auf das "Cheminée royale", dass ein 3-Gänge-Menü für günstige 16 Euro anbot. Ich könnte jetzt 10 Minuten lang über dieses Restaurant schreiben, aber das erpare ich euch netterweise. Nur so viel: Das Geld war selten gut investiert! Der Schmaus trat den Beweis an, dass Essen definitiv eine befriedigende Wirkung haben kann :-D Ich hatte eine Terrine St. Jacques als Vorspeise, danach die beste Ente, die ich je gegessen habe und zum Abschluss ein himmlisches Fondant Chocolat. Ich schwelge immer noch... ;-) Danach sind wir satt und zufrieden zurück ins Hotel und haben noch eine Flasche Bordeaux gekillt und dabei "Mow" gespielt - wurde irgendwie umso lustiger je leerer die Flasche wurde... 

Das Garonneufer mit der Pont de Pierre, die Napoleon hat erbauen lassen.

Ein kleiner Besucher ;-)

Die Kathedrale bei Nacht
Am nächsten Morgen ging es um 8 Uhr wieder raus aus dem Doppelbett, in dem wir beide verblüffend gut geschlafen hatten. Im Nachhinein betrachtet, verdient der Freitag durchaus den Titel "Wandertag". Bereits die erste Aktion nach dem Frühstück war ein ziemlich langer Marsch durch die Stadt, an der Garonne entlang in Richtung Quartier des Chartrons bis zum dortigen Musée du Vin et du Négoce, das noch nicht einmal in meinem ansonsten tollen Stadtplan drin stand. Vielleicht war das der Grund, weshalb wir den ganzen Morgen lang die einzigen Besucher dort waren. Obwohl das Museum selbst eher als winzig zu beschreiben ist, haben wir es 2 Stunden dort ausgehalten und Unmengen über Bordeaux-Weine, deren Geschichte und den Handel damit erfahren haben. Im Anschluss an den Museumsbesuch gab es auch noch eine Dégustation, die 2 Bordeaux-Weine (einen roten und einen weißen) beinhaltete. Ich gebe zu, ohne die dazu gehörenden Erklärungen hätte ich die Zitronen- und Pampelmusennote im Weißwein nicht identifiziert. Dennoch sagt mir der Rotwein mehr zu, was aber auch daran liegen könnte, dass mir ein Wein gar nicht trocken genug sein kann. Ich stehe darauf, wenn der Wein so trocken ist, dass die Zunge pelzig wird.
Als wir das Weinmuseum verließen, war es bereits Mittag. 



Nach der Erledigung solch profaner Dinge wie der Füllung des knurrenden Magens und dem Besuch eines Internetcafés um sicherzustellen, dass unsere Züge nicht dem Streik zum Opfer fielen, widmeten wir uns am Nachmittag wieder alkoholfreien Sehenswürdigkeiten. Hier stand dann der zweite längere Marsch des Tages an. Der Jardin Public, der Palais Gallien (Überreste des antiken Amphiteaters) und Kirche Nr. 5, die Basilique Saint-Seurin wurden nacheinander abgeklappert. Als wir damit fertig waren, blieb uns auch nur noch Zeit, schnell einen Bäcker zu suchen, um eine Baguette und Canèles (Spezialität aus Bordeaux) zu erstehen, bevor wir uns zum Hotel aufmachen mussten, um unsere Rucksäcke zu holen. Dann kämpften wir uns durch die freitägliche Nachmittags-Rush Hour zum Bahnhof. Als unser TGV dann etwas verspätet losfuhr, wurde uns dann doch noch einmal ziemlich mulmig, da wir nur 10 Minuten Zeit zum Umsteigen in St. Pierre-des-Corps hatten, aber glücklicherweise hatte der TGV die Verspätung schon beim ersten Halt wieder aufgeholt, sodass unsere Nerven nicht weiter strapaziert wurden. Allerdings erwartete uns in Angers wie bereits befürchtet noch der dritte Fußmarsch des Tages, weil wir keine Lust hatten über eine Stunde auf den nächsten Bus zu warten. Wir waren dann auch froh, wieder im Wohnheim zu sein ;-) 

Palais Gallien

4 Kommentare:

  1. Was heißt hier du musstest? Nur weil ich entscheidungsunfreudig bin heißt das nicht, dass ich mich nicht bei offensichtlicher Beschwerde deinerseits auch gekümmert hätte. :P

    Du musst mir übrigens bei Gelegenheit noch ein Foto identifizieren, alles andere ging aus dem Gedächtnis und Dank Google Bildersuche. ;-)

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  2. Der kleine Besucher ist ja niedlich =)

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  3. Etwas genauere Degustationsbeschreibungen hätten es schon sein können, wobei "pelzig" nicht unbedingt zum klassischen Vokabular einer Degustationsbeschreibung gehört ;-)

    P.S.: Ich öffne gleich - zum Abendessen - einen Chateau Villefalse, Jahrgang 2006, von meiner bevorzugten Kellerei (Cave Rocbere) auf dem bei Siegan liegenden Chateau abgefüllt. Ist natürlich nicht kein Bordeaux, aber immerhin ein französischer Rotwein (von dem ich hoffe, dass er NICHT "pelzig" ist).

    P_B / O_V

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  4. Sorry, Tippfehlerteufel: SIGEAN nicht Siegan.

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